Kurzkritiken Round-Up – Oktober / November 2016

The Girl on the Train

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David Finchers Gone Girl hat die Messlatte für Thriller im 2014 ziemlich hoch gelegt, die Geschichte war spannend inszeniert, die Schauspieler super und das Ende recht unkonventionell. Der weltweite Bestseller The Girl on the Train bekam nun eine Leinwandadaption spendiert, die zumindest nach dem Trailer den Eindruck vermittelt in die Fußstapfen eines Gone Girl zu treten. Regie führte Tate Taylor (The Help) und zu seinem Cast gehören Emily Blunt (Edge of Tomorrow) in der Hauptrolle sowie Rebecca Ferguson (Mission Impossible: Rogue Nation), Luke Evans (Dracula Untold), Hayley Bennett (The Magnificent Seven) und Edgar Ramirez (Erlöse uns vom Bösen) in Nebenrollen.

Storyanriss:

Jeden Tag nimmt die geschiedene Rachel Watson (Emily Blunt) den Zug, um nach Manhattan zur Arbeit zu kommen – zumindest tut sie so, denn vor Monaten hat sie ihren Job wegen ihres Alkoholproblems verloren und so fährt sie als reine Beschäftigungstherapie durch die Gegend. Und jeden Tag fährt sie damit an ihrem alten Haus vorbei, in dem sie mit ihrem Exmann gelebt hat. Dieser lebt noch immer in dem Haus, jetzt mit seiner neuen Frau und einem Kleinkind. Um sich von ihrem Schmerz abzulenken, fängt sie an, ein Pärchen (Hayley Bennett und Luke Evans) zu beobachten, das ein paar Häuser weiter wohnt. Die perfekte, glückliche Famile. Doch als sie eines Tages wieder mit dem Zug vorbei fährt, beobachtet sie etwas Schockierendes. Am nächsten Morgen wacht Rachel mit einem bösen Kater auf und kann sich an nichts erinnern. An ihrem Körper allerdings befinden sich zahlreiche blaue Flecken, verschiedene Wunden und ihr Gefühl sagt ihr, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Dann sieht sie eine Vermisstenmeldung im TV: Die Frau ist verschwunden. Was ist in der letzten Nacht passiert? Rachel beginnt, sich selbst auf die Suche nach ihren Erinnerungen und der vermissten Frau zu begeben.

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Fazit:

The Girl on the Train schafft es leider zu keinem Zeitpunkt an Gone Girl heranzukommen. Selbst wenn man nicht diesen direkten Vergleich anstellen will, muss man einfach sehen, dass der Film nicht sonderlich gut ist. Das Schauspiel der Darsteller, allen voran natürlich Emily Blunt, möchte ich hier noch am ehesten positiv herausheben, bei den Rollen die sie verkörpern kann ich das schon leider nicht mehr machen. Wenig glaubwürdig und übertrieben konstruierte Charaktereigenschaften haben mich eher rausgerissen aus dem Film.

Auch die Geschichte als solche hat zwar 1-2 nette Ideen aber bricht vor allem unter der Last einiger Logiklöcher in sich zusammen. Filme wie The Girl on the Train leben natürlich auch gewissermaßen von ihren Storytwists und ich muss sagen, dass eine Wendung einen ganz netten Kniff hatte, die große Auflösung hingegen kann man spätestens nach der Hälfte des Films erkennen. Aufgrund der merkwürdigen und teils konfusen Erzählstruktur des Films habe ich lange Zeit den letztlichen Twist irgendwie schon als gegeben hingenommen bzw. fälschlicherweise für die eigentliche Geschichte gehalten. Falsch abgebogen aber dennoch am richtigen Ziel angekommen – ein Fazit mit dem die Deutsche Bahn wohl noch zufrieden wäre, The Girl on the Train aber wohl kaum.

bewertungsskalafinal2,0

 

Kubo – Der tapfere Samurai

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Nach Coraline, ParaNorman und die Boxtrolls melden sich die Stop-Motion-Profis von Leika zurück mit ihrem neusten Projekt Kubo And The Two Strings / Kubo – Der tapfere Samurai; wie der Name es vermuten lässt ein in Fernost angesiedeltes Abenteuer. Im Original wurden die Charaktere von Art Parkinson (Game of Thrones), Charlize Theron (Mad Max: Fury Road), Matthew McConaughey (Dallas Buyers Club), Ralph Fiennes (The Grand Budapest Hotel) und Rooney Mara (Carol) gesprochen, was Grund für mich genug war, mir den Film in der Originalfassung anzusehen.

Storyanriss:

Der clevere, gutherzige Kubo (Original-Stimme: Art Parkinson) erzählt den Menschen in seiner Heimatstadt am Meer fantastische Geschichten und fristet ansonsten ein eher bescheidenes Dasein. Doch sein relativ ruhiges Leben wird aus den Angeln gerissen, als er versehentlich einen mythischen Geist aus seiner Vergangenheit heraufbeschwört, der vom Himmel herabstürmt und eine uralte Blutfehde wiederaufleben lässt. Auf der Flucht vor dem Rachedurst der Kreatur tut er sich mit Monkey (Charlize Theron) und Beetle (Matthew McConaughey) zusammen. Gemeinsam begibt sich das Trio auf eine aufregende Mission, um Kubos Familie zu retten und das Mysterium um seinen gefallenen Vater – den größten Samurai-Kämpfer, den die Welt je gesehen hat – zu enträtseln. Mit der Hilfe seiner magischen Schamisen – einer dreisaitigen Laute – stellt sich der Junge Göttern und Monstern gleichermaßen, unter ihnen der Mond-König (Ralph Fiennes) und die bösartigen Zwillingsschwestern (Rooney Mara).

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Fazit:

Kubo – Der tapfere Samurai ist ein visuell beeindruckendes und total liebevoll umgesetztes Gesamtkunstwerk. Der Film hat eine gewisse Origamioptik, die erfrischend und kreativ ist. Der Film wirkt wie ein Werk das man eher der Legende Miyazaki und seinem Studio Gibli zuordnen würde, als einem der westlichen Animationsstudios a la Disney und Pixar. Trotz der japanischen Mythologie und den allgemein sehr fernöstlichen Look, handelt sich hier nicht um eine Adaption einer asiatischen Sage sondern um ein Originaldrehbuch.

Animationsfilme sind generell super aufwändig und den Entstehungsprozess dahinter finde ich extrem spannend, jedoch ist so ein 2 stündiges Stop-Motion-Abenteuer nochmal ein ganz anderes Thema. Ich habe die Making-Of-Videos zum Film verschlungen und es ist einfach absolut faszinierend wie Regisseur Travis Knight und Leika diese Geschichte zum Leben erweckt haben – vor allem wenn man die tollen Martial-Arts-Einlagen betrachtet, kann man nur sprachlos sein. Kubo – Der tapfere Samurai ist meiner Meinung nach kein Animationsfilm für die ganz Kleinen sondern eher für eine ältere Zuschauerschaft. Ich hoffe, dass er auf den Oscars 2017 eine Rolle spielt und sich den Goldjungen eventuell sogar schnappt.

bewertungsskalafinal4,5

 

Jack Reacher 2: Kein Weg zurück

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Der erste Teil aus dem Jahr 2012 war ein kleiner Überraschungshit, inszeniert von Regisseur Christopher McQuarrie. Diese Arbeit hat ihm die Möglichkeit gegeben den sehr guten Mission Impossible: Rogue Nation zu drehen. Seinen Regiestuhl für Jack Reacher 2: Kein Weg zurück besetzt nun ein alter Bekannter von Tom Cruise: Oscar-Preisträger Edward Zwick, der mit ihm schon das Samurai-Epos Last Samurai gedreht hat.

Storyanriss:

Es war keine gute Idee zurückzukommen: Als der ehemalige Militärpolizist Jack Reacher (Tom Cruise) seine alte Wirkungsstätte in Washington, D.C. besucht, wo er die Frau treffen will, die seinen ehemaligen Job macht, ist die nicht in ihrem Büro, sondern im Knast. Major Susan Turner (Cobie Smulders) wurde wegen angeblichen Verrats in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Außerdem erfährt Reacher, dass eine Ex-Prostituierte Geld von ihm will – offenbar hat er eine Tochter, die 15-jährige Samantha (Danika Yarosh). Reacher tut das, was er am besten kann: Er befreit Turner aus dem Gefängnis und macht sich mit ihr samt potentieller Tochter auf die Flucht, verfolgt von einem hocheffizienten Killer (Patrick Heusinger). Dabei decken Reacher und Turner Stück für Stück eine Verschwörung auf, die etwas mit der Vergangenheit des Einzelkämpfers zu tun hat.

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Fazit:

Jack Reacher 2: Kein Weg zurück ist leider eine einfallslose und vorhersehbare Fortsetzung geworden, die bis auf wenige gute Akzente total blass bleibt. Der gesamte Film ist ein Potpourri der generischsten Actionfilm-Klischees. Jack Reacher 2 hangelt sich gefühlt haargenau am Roten Faden eines Lehrbuchs für Actionfilme entlang, wofür ich in diesem Ausmaß kein Verständnis aufbringen kann. Ich habe nicht mal das Gefühl ich würde spoilern, wenn ich jetzt meinen Finger in die Wunde legen werde, weil alles so berechenbar war. Dennoch: Spoilerwarnung. Ein spoilerfreies Fazit gibt es am Ende.

Fangen wir mit der Geschichte an , diese wurde in dieser Form schon etliche Male erzählt: natürlich werden die Helden fälschlicherweise für ein Verbrechen angeklagt, das sie nicht begangen haben, flüchten und versuchen die Drahtzieher hinter dem Betrug zu finden um ihre Unschuld zu beweisen. Natürlich gibt es auch einen privaten Sicherheitsservice der Dreck am Stecken hat und Bösewichte in hochrangigen Positionen, die dann auch noch mit Schauspielern besetzt werden, die diese Rolle schon 20x verkörpert haben. Dazu kommen dann typische Storytelling-Tropes, die eingeflochten werden um für Witz und Emotion zu sorgen – ohne Erfolg.

Tom Cruise erfährt am Anfang, dass er eventuell eine Tochter hat, die dann natürlich in die Umstände hineingezogen wird und einfach extrem nervig war. Sie handelt komplett sinnlos und verkörpert den typischen aufmüpfigen Teenager und Tom Cruise redet mit ihr nur in total emotionslosen und distanzierten One-Linern. Letztlich ist das weder witzig noch cool, es war einfach nur übertrieben nervig und am Ende soll man dann die plötzliche emotionale Verbundenheit der Charaktere ohne zu hinterfragen schlucken. Man hat diese Entwicklung von Anfang an kommen sehen, aber nicht, weil man sie gut und glaubwürdig im Film inszenierte, sondern weil es wie alles Andere in Jack Reacher 2 der DIN-Norm-Abschluss des Storybogens war.

Generell leidet der Film auch unter extrem plumpen Forshadowing, das dir nicht wie bei George RR Martins Game of Thrones hinterher bewusst wird und dir einen geilen Mehrwert gibt, sondern dir so offensichtlich unter die Nase gerieben wird, dass es echt weh tut. Beispiel gefällig? Kein Problem: in der Mitte des Films bekommt Tom Cruises Tochter einen Move zur Selbstverteidigung beigebracht und Jack Reachers kühle Reaktion darauf ist nur, dass er ihr sagt emWenn wir in die Situation geraten sollten, wo dieser Move angewandt werden kann, dann sind wir eigentlich schon tot.

Japp, natürlich wird die Tochter am Ende entführt und als Druckmittel eingesetzt um Reacher dazu zu bringen sich zu ergeben und im Moment der Aufgabe sagt er natürlich diesen Satz, der nicht mal Sinn ergeben hat, und triggert somit die Tochter, die dann im Zoom und Zeitlupentempo ihm zu verstehen gibt, dass sie es gerafft hat und sie wendet die gelernte Selbstverteidigung an. Es hätte echt nur noch ein übertriebenes Augenzwinkern der beiden gefehlt. Spoilerende

Der Film ist leider komplett dröge und konnte mich zu keinem Zeitpunkt wirklich abholen. Das Schicksal der Figuren hat mich nicht interessiert, die Geschichte war langweilig und die Action konnte nur im Finale überzeugen. Einige Momente im Showdown waren ganz nett aber das reicht mir einfach nicht für einen Edward Zwick Film.

bewertungsskalafinal1,5

Before I Wake

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Nach Hush und Ouija 2 ist Before I Wake bereits Mike Flanagans dritter Film in diesem Jahr, Ouija 2 – Der Ursprung des Bösen läuft derzeit sogar noch in den deutschen Kinos. Mit seinen ersten beiden Filmen konnte mich Flanagan schon überzeugen und vor allem neugierig machen auf kommende Projekte. Der Fantasy-Horror-Drama-Mix Before I Wake besetzt die Hauptrolle mit dem kleinen Star der Oscars 2016: Jacob Tremblay, den wir an der Seite von Oscar-Preisträgerin Brie Larson in Room bestaunen konnten. Genau genommen wurde Before I Wake sogar vor Room gedreht, stellt damit also das Hauptrollen-Debut für Tremblay dar. In weiteren Rollen sind Kate Bosworth (Still Alice) und Thomas Jane (The Punisher) zu sehen.

Storyanriss:

Jessie (Kate Bosworth) und Mark (Thomas Jane) haben ihren kleinen Sohn Sean (Antonio Evan Romero) bei einem Unfall verloren. Doch mit der tiefsitzenden Trauer, die ihre Ehe bedroht, soll es endlich vorbei sein, weswegen sich das Paar entschließt, den achtjährigen Cody (Jacob Tremblay) zu adoptieren. Für das Paar bedeutet die Adoption eine zweite Chance im Leben. Doch ihr neuer Schützling hat ein schweres Kreuz zu tragen. Cody hat Angst davor, einzuschlafen, weil ihn dann eine unheimliche Gestalt heimsuchen komme. Jessie und Mark halten das für Unfug, aber als Cody doch mal einschläft, erleben sie ihr blaues Wunder: Was immer der Kleine träumt, wird wahr! Doch bei ein paar Schmetterlingen soll es nicht lange bleiben und schon bald bedrohen finstere Gestalten die junge Familie.

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Fazit:

Auch dieses Mal gelingt es Mike Flanagan einen zwar nicht in allen Belangen perfekten aber letztlich doch guten Film abzuliefern, der mir sicherlich in der Retrospektive aufs Filmjahr noch im Kopf bleiben wird. Die Idee, dass Träume – egal ob gute oder schlechte – zum Leben erweckt werden, finde ich interessant – zumal Flanagan dieser Idee durch einen Gewissenskonflikt eine gewisse Würze verleiht.

Im Film spielt das Thema der Trauerbewältigung eine große Rolle und auch wenn es dem Zuschauer klar ist, dass Codys Albträume zur Gefahr für seine Mitmenschen werden, gibt sich Mutter Jessie ihrer Trauer um ihren verstorbenen Sohn hin und stellt diese Bedürfnisse zunächst über die ihres Sohns. Ich mag das Konzept des Films, es handelt sich hier nicht um einen reinen Horrorfilm, es ist mehr eine teils verspielte und mit fantastischen sowie gruseligen Elementen durchsetzte Geschichte. Im Stile eines Guillermo del Toro den ich ziemlich mag – so ein gewisser Pans Labyrinth-, Das Waisenhaus- oder Der Babadook-Vibe kam für mich schon auf.

Zu den großen Stärken des Films zähle ich ganz klar den teils farbenfrohen, kindlichen fast schon märchenhaften visuellen Stil und die Effekte, sowie die wieder mal gelungene musikalische Untermalung. Der finale Showdown bietete zudem eine nette Auflösung, die die gesamte Geschichte nett abrundet und hängen bleibt. Läuft bei dir, Mike Flanagan.

bewertungsskalafinal3,5

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