The Trial of the Chicago 7 | Kritik / Review (Oscars 2021)

Storyanriss:

Chicago, 1968: Es kommt vermehrt zu zunächst friedlichen, von der Hippie-Kultur geprägten Demonstrationen rund um einen Parteitag der Demokraten, die sich vor allem gegen den Vietnamkrieg richten. Als die Polizei aber schließlich eine Ausgangssperre verhängt und mit aller Kraft durchsetzt, kommt es fünf Tage und Nächte lang zu gewalttätigen Krawallen. Hunderte Menschen werden in dem Gefecht zwischen der mit Tränengas und Schlagstöcken vorgehenden Polizei und den Demonstranten verletzt – auch Journalisten beklagen, von Polizisten niedergeknüppelt worden zu sein. Ihre Kameras und Filme: zerstört und beschlagnahmt. Doch auch wenn der Stab von US-Präsident Lyndon B. Johnson die Verantwortung für die Ausschreitungen bei der Polizei sieht, werden sieben vermeintliche Rädelsführer der Unruhen vor Gericht gestellt. Die Angeklagten u.a. Abbie Hoffman (Sacha Baron Cohen), Jerry Rubin (Jeremy Strong), Tom Hayden (Eddie Redmayne) und Bobby Seale (Yahya Abdul-Mateen) werden beschuldigt, die Krawalle bewusst provoziert zu haben – und müssen sich monatelang vor Gericht stellen, während zahlreiche Aktivisten und Kulturschaffende die Einstellung des Verfahrens mit weiteren Protesten fordern.

Fazit:

Aaron Sorkin (The Social Network, Steve Jobs) ist der vielleicht bekannteste Drehbuchautor unserer Zeit und für mich auch der beste. Ich liebe seine Stakkato-Dialoge, die so kein anderer vermag zu schreiben. Es ist klasse wie er es schafft, trotz komplexer und komplizierter Stoffe über mehrere Zeitebenen, immer einen Fluss zu schaffen, den man letztlich nur als leichtfüßig und elegant beschreiben kann. Selbst wenn ein Film 2,5h geht, hat man mit ihm nie das Gefühl, dass ein Film zu lang oder gar dröge ist.

Nach dem herausragenden Molly’s Game hat Sorkin für Netflix und The Trial of the Chicago 7 wieder auf dem Regiestuhl Platz genommen. Dass er spannende Gerichtsdramen kann, bewies er bereits vor 30 Jahren bei seinem Debüt mit Eine Frage der Ehre – auch wenn ihr die Wahrheit nicht vertragen könnt! In The Trial of the Chicago 7 vereint Sorkin wieder ein Hammerensemble, das auch hier unter seiner Führung wie gewohnt brilliert. Allen voran Sacha Baron Cohen, bei dem mir direkt klar war, dass er eine Nominierung für den Besten Nebendarsteller bekommen wird – auch wenn er nun nicht mehr die Favoritenrolle hat.

Dass das Gerichtsverfahren um eine Gruppe Anti-Kriegs-Aktivisten nach einer aus dem Ruder gelaufenen Demonstration damals die reinste Farce war und offensichtlich politisch missbraucht wurde, fangen Sorkin und sein Team virtuos ein und kommt vor allem immer wieder gut zur Geltung, wenn der Richter – stark gespielt von Frank Langella – mal wieder im Alleingang ein faires Verfahren blockiert.

The Trial of the Chicago 7 ist ein 129 Minunten langes, aber kurzweiliges Gerichtsdrama mit famosen Cast und starkem Drehbuch, dem ich von den 6 Oscar Nominierungen hauptsächlich Chancen für Sorkin einräume.

Minari – Wo wir Wurzeln schlagen | Kritik / Review (Oscars 2021)

Storyanriss:

Jacob (Steven Yuen) und Monica Yi (Yeri Han) sind mit ihrer Tochter Anne (Noel Cho) und ihrem Sohn David (Alan S. Kim) aus Südkorea nach Amerika immigriert. Dort leben sie zuerst in Kalifornien, wo Mutter und Vater mit dem Sortieren von Küken nach Geschlecht ein mageres Einkommen verdienen. Jacob träumt jedoch von einer eigenen Farm und siedelt deswegen mit seiner Familie schließlich nach Arkansas über, wo Grundbesitz günstiger ist. Dort lebt die Familie fortan in dem Wohnwagen, in dem schon der vorherige Besitzer des Landes lebte und an dem Versuch scheiterte, eine Farm zu gründen. Und auch für Familie Yi ist das leichter gesagt als getan: Monica ist am Ende ihrer Kräfte und Jacob verzweifelt daran, dass er nicht für seine Familie sorgen kann. Immerhin kann die aus Südkorea nachgereiste Großmutter der Kinder, Soonja (Youn Yuh-jung), die Familie etwas unterstützen.

Fazit:

Regisseur und Autor Lee Isaac Chung erzählt in Minari nicht nur seine eigene Geschichte, basierend auf seinen Kindheitserinnerungen, sondern auch ein weiteres Kapitel rund um den Mythos des American Dreams – eben jenen amerikanischen Traum, der jedem hartarbeitenden Amerikaner einräumt vom Tellerwäscher zum Millionär aus eigener Kraft zu werden. Das koreanisch-amerikanische Familiendrama folgt dem letztjährigem Oscar-Sieger „Parasite“ von Bong Joon-Ho und kann sich neben viel Liebe auf Filmfestivals wie dem Sundance Festival vor allem auch über gleich 6 Oscar-Nominierungen freuen.

Minari gelingt es die amerikanische und koreanische Kultur zu verweben ohne dabei in die Klischeefalle zu tappen und wird meiner Meinung nach vor allem durch die sehr starke Chemie und dem tollen Schauspiel aller Beteiligten getragen. Egal ob es sich dabei um das Zusammenspiel des The Walking Dead Stars Steven Yeun und seiner Filmfrau Yeri Han handelt oder um die Kinderdarsteller, die immer vor allem dann auftrumpfen, wenn sie mit der kautzigen Großmutter, gespielt von Oscarfavoritin Yuh-jung Youn sich Szenen teilen.

Lee Isaac Chung gelingt hier ein ganz ruhiges, ehrliches Drama mit starken Bildern über den amerikanischen Traum, das vor allem von seinen unaufgeregten aber stark aufspielenden Darstellern lebt und sich gerade dort Hoffnungen auf einen Oscar machen darf.