Everything Everywhere All At Once | Kritik / Review (Oscars 2023)

Storyanriss:

Evelyn Wang (Michelle Yeoh) besitzt einen Waschsalon, hat Ärger mit der Steuer und mit ihrer Familie. Sie ist damit beschäftigt, die Geburtstagsfeier ihres Vaters (James Hong) vorzubereiten und Evelyns Ehemann Waymond (Ke Huy Quan) hat daher keine Chance, mit ihr über die Scheidung zu sprechen. Tochter Joy (Stephanie Hsu) wiederum erzürnt ihre Mutter durch das Vorhaben, ihre Freundin Becky (Tallie Medel) mit zu der Feier zu bringen, obwohl Evelyn ein Problem mit der sexuellen Ausrichtung von Joy hat. Evelyns Leben ist nicht so gelaufen, wie wie sie sich das früher ausmalte. Doch sie bekommt die Chance, das zu ändern. Wie sie auf dem Weg zur Steuer-Sachbearbeiterin Deirdre Beaubeirdra (Jamie Lee Curtis) von Waymond erfährt, hängt das Schicksal jeder einzelnen Dimension des Universums von ihr ab. Zunächst glaubt Evelyn diese außergewöhnliche Behauptung nicht. Kurze Zeit später ist sie mittendrin im Kampf für das Multiversum.

Fazit:

Die Daniels wie die beiden Regisseure sich nennen, haben es vor einigen Jahren mit Swizz Army Man auf meine Topliste des Jahres geschafft. Everything Everywhere All at Once wurde dieses Jahr noch viel mehr gefeiert. Es ist wohl der „Geheimtipp“ des Jahres und für viele sogar der beste Film des Jahres. Dass ein Film wie dieser es dann sogar auf mehr als 100 Millionen $ an den Kinokassen schafft, ist einfach unfassbar.

Dass es der Film für mich noch nicht zum besten Film des Jahres schaffte, liegt vor allem auch daran ihn nur einmal gesehen zu haben. Üblicherweise reicht mir das auch, jedoch ist es hier ein wenig anders, denn im Gegensatz zu Dr. Strange 2 in the Multiverse of Madness, nimmt es Everything Everywhere All at Once mit den Multiversen ernst. Der Film ist so krass inszeniert und die Reizüberflutung auf Maximum, dass ich beim ersten Mal gar nicht alles erfassen konnte und es sogar auch als anstrengend empfand. Dennoch ist der Film allein technisch schon wahnsinnig gut, die Ideen sehr kreativ, die Geschichte auf mehr als einem Weg emotional und vor allem Michelle Yeoh wird hier ein Denkmal gesetzt. Yeoh kann in diesem Film so viele Facetten zeigen wie noch nie zuvor und brilliert in allen.

Aber auch ihre Kollegen sind so stark, dass man gar nicht weiß, wen man hier hervorheben soll. Jamie Lee Curtis wie immer eine Bank, aber gerade auch Ke Huy Quan, den Filmfans als Shorty aus Steven Spielbergs Indiana Jones und der Tempel des Todes kennen und der mit diesem Film nicht nur sein Comeback schafft, sondern auch noch gute Chancen auf den Oscar-Sieg hat. Fantastisch war auch Stephanie Hsu, die ich vor allem aus The Marvelous Mrs Maisel kenne und hier für viele emotionale Highlights sorgte.

Der Film holt auf emotionaler, inszenatorischer und unterhaltsamer Ebene ab und pusht wie Crazy Rich Asians vor paar Jahren die asiatische Minderheit in Hollywood – was will man mehr?

Ich werde den Film demnächst ein weiteres Mal anschauen um mir ein finales Urteil zu bilden, aber bis dahin bin ich mir sicher wird Everything Everywhere All at Once Erfolgsgeschichte weitergehen und so manchen Oscar am Sonntag mitnehmen.

Im Westen nichts Neues | Kritik / Review (Oscars 2023)

Storyanriss:

Der Teenager Paul Bäumer (Felix Kammerer) und seine Freunde Albert (Aaron Hilmer) und Müller (Moritz Klaus) schreiben sich während des Ersten Weltkrieges freiwillig in die deutsche Armee ein und reiten auf einer Welle patriotischen Eifers, die sich schnell in Wohlgefallen auflöst. Ernüchtert und schockiert müssen sie feststellen, dass der Kampf um Deutschland keineswegs eine rein ehrenhafte Sache ist, sondern ein tödliches Gemetzel. Sobald sich die jungen Soldaten den brutalen Realitäten des Lebens an der Front stellen, gehören Tod und Verlust zu den täglichen Schreckensszenarien. Pauls Vorurteile über den Feind, über Recht und das Unrecht des Konflikts fallen bald wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Bis zum Waffenstillstand muss Paul jedoch weiter kämpfen, ohne den Wunsch der führenden Militärs zu erfüllen, den Krieg mit einer deutschen Offensive zu beenden. Und gerade als es so scheint, als hätte das Grauen und die Torturen ein Ende und die Männer könnten nach Hause fahren, trifft General Friedrichs (Devid Striesow) eine folgenschwere Entscheidung. Denn eine Niederlage für Deutschland kann er nicht einfach hinnehmen.

Fazit:

Tolle deutsche Neuauflage des Klassikers von Erich Maria Remarque, dessen Vorlage ich noch im Schulunterricht behandelt habe. Atmosphärisch, brutal und ungeschönt zeigt auch diese Version die Sinnlosigkeit mit der an der damaligen Westfront Millionen Menschen, teils noch fast Kinder, in Ihr Verderben gestürzt wurden, um gerade mal ein paar hundert Meter Land zu verteidigen oder zu erobern.

Im Westen nichts Neues ist sehr hochwertig produziert und mit 9 Oscar-Nominierungen überraschend großzügig von der Academy bedacht worden. Wie auch schon Parasite vor 3 Jahren gelingt Im Westen nichts Neues sogar das Kunststück neben dem Auslandsoscar zusätzlich noch für „Besten Film“ nominiert zu sein. Oft ist die Auszeichnung für den besten ausländischen Film der leichte Weg für die Academy das internationale Kino abzufrühstücken ohne damit die wichtigste Kategorie zu beeinflussen.

Glücklicherweise lockert sich das nun langsam auf und hier mal wieder einen deutschen Film zu sehen ist toll – vor allem, da das Momentum der letzten Wochen durchaus für diese Neuauflage spricht. Am Ende könnte Im Westen nichts Neues vielleicht in beiden Kategorien ohne Auszeichnung rausgehen, aber ich bin mir sicher, dass am Ende ein paar Goldjungen nach Deutschland gehen werden.

Die Aussprache | Kritik / Review (Oscars 2023)

Storyanriss:

In Bolivien kam es bei einer isolierten religiösen Mennonitenkolonie vermehrt zu gewaltsamen Übergriffen der Männer auf die Frauen. Dabei wurden sie mehrfach unter Drogen gesetzt und anschließend vergewaltigt. Nun, da die Frauen den Männern die Übergriffe nachweisen konnten und die Täter in Haft sitzen, müssen sie ausdiskutieren, was passieren soll, wenn die Peiniger wieder da sind. Für die Frauen ist das eine äußerst ungewöhnliche und vor allem ungewohnte Situation, denn in ihrer Gemeinschaft wird normalerweise nicht über intime Dinge gesprochen. Doch nach den grausamen Ereignissen können die Frauen ihre Religion immer weniger mit der gelebten Lebensrealität in Einklang bringen. So unterschiedlich die Frauen sind, so verschieden sind auch ihre Positionen: Ona (Rooney Mara) ist von ihrem Peiniger schwanger, Mariche (Jessie Buckley) vertritt ihrem gewalttätigen Mann Klaas gegenüber eine eher defensive Haltung und Salome (Claire Foy) hat einen der Männer mit einer Sense angegriffen und erwartet dafür selbst eine Strafe. Der einzige Mann der Runde ist August Epp (Ben Whishaw), der in der Diskussion Protokoll führt. Als sich die acht Frauen auf dem Heuboden ihrer Gemeinde zusammenfinden, steht für sie fest, dass sie nur drei Optionen haben: Bleiben, Fliehen oder Kämpfen. Welche werden sie wählen?

Fazit:

Die Aussprache oder Women Talking wie er im Original heißt, basiert auf dem gleichnamigen Buch von Miriam Towes, die die schrecklichen Ereignisse aus Bolivien 2011 adaptierte, wo ein halbes dutzend religiöser, konservativer Männer sehr viele Frauen aus ihrer Gemeinde unter Drogen setzten und vergewaltigten.

Nun fokussiert sich der Film auf die anschließende Diskussion der Frauen, wie sie ihr Leben fortführen sollen, wenn die Männer bald wieder auf freiem Fuß kommen. Inszenatorisch geht das ganze eher in Richtung Kammerspiel, weil der absolut stark besetzte Cast die Handlung zu weiten Teilen hauptsächlich in einer Scheune spielt. Dies führte bei mir unweigerlich aber auch zu einer gewissen Abnutzung und Ermüdung. Viel Variation bzgl. der Inszenierung, der Kamerapositionen und den Dialogen gab es nicht.

Insgesamt ließ mich Die Aussprache aber überraschend kalt und wäre jetzt wohl nichts, was ich ernsthaft weiterempfehlen würde – egal dabei, ob es um einen Kinobesuch oder Heimkinoabend geht. Dafür bleibt bis auf ein paar starke Ansprachen der Schauspielerinnen zu wenig hängen.

Bei den Oscars ist Die Aussprache für 2 Oscars nominiert und absoluter Außenseiter.