And the Oscar 2023 goes to..

And the Oscar 2023 goes to..

Es ist endlich wieder soweit: in wenigen Stunden werden die Oscars in Los Angeles verliehen. Es ist mittlerweile die 95. Verleihung des prestigeträchtigsten Filmpreises der Welt, den Academy Awards. Mein Event-Highlight des Jahres.

Oscars 2022 – was ist passiert

Ist letztes Jahr IRGENDWAS passiert? Ach ja, Will Smith verwechselte das Jahr seiner Nominierung mit 2002 als er für seine Performance in Ali nominiert wurde und smackte den Shit aus Comedian Chris Rock, nachdem dieser einen Witz über die Kurzhaarfrisur von Jada Pinkett-Smith machte, die zu diesem Zeitpunkt an Haarausfall litt. Ich für meinen Teil fand den Spruch solide, aber sicherlich kann man sich darüber streiten, wie weit dieser nötig war.

Worüber man jedoch nicht streiten kann, ist der Fakt, dass Gewalt – vor allem vor einem Millionenpublikum – sicherlich keine Lösung ist. Ich weiß noch wie ich letztes Jahr live bei der Übertragung vor dem TV saß und diese Minuten mit Fragezeichen im Gesicht überstehen musste, bis es über Twitter und Leuten vor Ort erste Bestätigungen gab, dass es sich nicht um einen einstudierten Gag handelte. Als dann Will Smith auch noch nur wenige Minuten später ohne ernsthafte Reue den Award für den Besten Hauptdarsteller gewann, war die Story perfekt. Will Smith erlebt zeitgleich den wohl größten als auch beschissensten Tag seiner Karriere und die gesamte Welt schaute dabei zu.

Es folgten halbherzige Entschuldigungen, Rücktritte, der Rausschmiss aus der Academy für 10 Jahre und mindestens 1 beschissenes Karrierejahr indem Will Smith als Persona non grata in Hollywood galt. Er wird zurückkommen und die Leute ihn wieder lieben – doch dies benötigt noch Zeit.

Zurückkommen wird auch Late-Night-Host Jimmy Kimmel, der nach einem meiner Meinung nach gelungenen Versuch mit den Comedians und Schauspielerinnen Regina Hall, Wanda Sykes und Amy Schumer, erneut die Moderation übernimmt und Ruhe in die Sache bringen soll.

Was darf man von den 95. Academy Awards erwarten?

Zum Glück trennt man sich nach nur einem Jahr wieder von anbiedernden Kategorien wie „Cheer Moment„, die so offensichtlich von Bots und großen Fangruppen manipuliert wurden und dadurch trotz vielleicht solidem Hintergedanken einfach eine Farce waren.

Fans dürfen sich auf den Auftritt von Rihanna freuen, die ihren nominierten Song „Lift me Up“ von Black Panther: Wakanda Forever performen wird. Lady Gaga schafft es aufgrund ihrer Verpflichtungen für das Joker Sequel nicht zur Veranstaltung. „Naatu Naatu“ aus dem indischen Hit RRR wird performt werden und hoffentlich für reichlich Spektakel sorgen.

Die ruhigeren Töne im „In Memoriam“-Segment wird Lenny Kravitz dieses Jahr anstimmen.

Schreibt Michelle Yeoh Geschichte indem sie die erste asiatische Schauspielerin wird mit einem Oscar als Beste Hauptdarstellerin? Auch John Williams könnte mit 91 Jahren der älteste Oscar-Gewinner aller Zeiten werden.

Snubs & Surprises

Biggest Snubs:
Bester Hauptdarsteller: Tom Cruise für Top Gun 2: Maverick
Beste Hauptdarstellerin: Viola Davis für The Woman King
Beste Nebendarstellerin: Dolly de Leon für Triangle of Sadness
Bester Nebendarsteller: Paul Dano für Die Fabelmans
Beste Regie: James Cameron für Avatar: The Way of Water, Romain Gavras für Athena oder auch Gina Prince-Bythewood für The Woman King hätten definitiv genauso in dieser Kategorie auftauchen können
Bestes Originaldrehbuch: Seth Reiss und Will Tracy für The Menu
Filme: The Batman, The Whale, The Woman King, Athena, Nope, She said und RRR wurden teils nahezu komplett ignoriert und hätten andererseits durchaus bei Bester Film als auch in etlichen anderen Kategorien landen können

Biggest Surprises:
Asiatische Schauspieler:innen werden gesehen: Michelle Yeoh ist erst die zweite Schauspielerin mit asiatischen Wurzeln, die in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin nominiert wurde. Neben ihr wurden auch Stephanie Hsu, Hong Chau und Ke Huy Quan nominiert
Frische Gesichter: dieses Jahr sind trotz einigen Veteranen so viele erstmalig nominierte Schauspieler:innen dabei wie selten zuvor
Deutschlands „Im Westen nichts Neues“: Super überraschend konnte die Neuauflage von „Im Westen nichts Neues“ sagenhafte 9 Nominierungen abräumen und das Spotlight dieses Jahr nach langer Zeit mal wieder auf Deutschland richten.

Beste Nebendarstellerin / Actress in a Supporting Role

Angela Bassett (Black Panther: Wakanda Forever) | Hong Chau (The Whale) | Kerry Condon (The Banshees of Inisherin) | Jamie Lee Curtis (Everything Everywhere All at Once) | Stephanie Hsu (Everything Everywhere All at Once)

Wahrscheinlich: Angela Bassett / Jamie Lee Curtis Wunsch: Hong Chau / Stephanie Heu
Ich denke Angela Bassett ist hier die Favoritin. Ihr den Sieg und ersten Oscar für eine Performance in einem Marvelfilm könnte ihr am ehesten wohl Jamie Lee Curtis streitig machen, die gerade das Momentum zu haben scheint. Persönlich fänd ich einen Sieg für Hong Chau oder Stephanie Hsu angemessener.

Bester Nebendarsteller / Actor in a Supporting Role

Brendan Gleeson (The Banshees of Inisherin) | Brian Tyree Henry (Causeway) | Judd Hirsch (The Fabelmans) | Barry Keoghan (The Banshees of Inisherin) | Ke Huy Quan (Everything Everywhere All at Once)

Wahrscheinlich: Ke Huy Quan / Wunsch: Ke Huy Quan
Ke Huy Quan gibt hier praktisch nach 40 Jahren sein Comeback in Hollywood und was für eins. Jahrzehnte lang von der Industrie ignoriert worden und bereits den Traum von Hollywood aufgegeben, da klingeln die Daniels an der Tür und bieten Ke Huy Quan diese einmalige Chance. Und Quan füllt diese facettenreiche Rolle so gut aus, man spürt, dass er diesen vielleicht letzten Strohhalm mit aller Kraft greift und festhält. Diese Comebackstory verdient den Oscar.

Beste Hauptdarstellerin / Actress in a Leading Role

Ana de Armas (Blonde) | Cate Blanchett (Tár) | Andrea Riseborough (To Leslie) | Michelle Williams (The Fabelmans) | Michelle Yeoh (Everything Everywhere All at Once)

Wahrscheinlich: Cate Blanchett Wunsch: Michelle Yeoh
Cate Blanchett ist auf dem guten Weg ihren dritten Oscar zu gewinnen und damit in den erlesenen Kreis der Schauspieler:innen aufzusteigen, denen dieses Glanzstück bereits gelang. Verdient hätte sie es für ihre Darstellung der fiktiven Maestro Tár, doch vor allem eine Person hat da dieses Jahr ein Wörtchen mitzureden: Michelle Yeoh. Ihr wurde mit Everything Everywhere All at Once ein Denkmal gesetzt und dieses facettenreiche Schauspiel-Reel in Kombination mit ihrer langen, erfolgreichen Karriere, lassen mich am Ende für Michelle Yeoh hoffen.

Bester Hauptdarsteller / Actor in a Leading Role

Austin Butler (Elvis) | Colin Farrell (The Banshees of Inisherin) | Brendan Fraser (The Whale) | Paul Mescal (Aftersun) | Bill Nighy (Living)

Wahrscheinlich: Austin Butler / Brendan Fraser / Wunsch: Brendan Fraser / Colin Farrell
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird entweder Austin Butler oder Brendan Fraser das Rennen am Ende machen. Butler war definitiv das Beste am Film Elvis und konnte in den letzten Wochen wichtige Indikatoren-Preise abräumen, doch mich hat Niemand so sehr berührt von den Nominierten wie Brendan Fraser.

Ähnlich wie auch Ke Huy Quan in der Nebendarsteller-Kategorie, gelingt auch Brendan Fraser unter der Regie von Darren Aronofsky nach Jahrzehnten das Comeback. Fraser wurde damals, nachdem er öffentlich machte von einem Produzenten sexuell belästigt worden zu sein, hinter den Kulissen geblacklisted und für Jahre seiner Karriere beraubt. Nun ist er zum Glück aber wieder da und das besser als jemals zuvor. Seine Leistung in The Whale hat mich echt berührt wie es keiner der anderen konnte und ich wünsche ihm diesen Erfolg.

Bester Film / Best Picture

Die Aussprache | Avatar 2: The Way of Water | The Banshees of Inisherin | Elvis | Die Fabelmans | Everything Everyhwere All at Once | Triangle of Sadness | Tár | Im Westen nichts Neues | Top Gun 2: Maverick

Wahrscheinlich: Everything Everywhere All at Once / The Banshees of Inisherin / Die Fabelmans

Wunsch: Top Gun: Maverick / Everything Everywhere All at Once / Im Westen nichts Neues
Everything Everywhere All at Once ist nach den letzten Wochen der klare Favorit auf die wichtigste Auszeichnung des Jahres und das auch völlig zurecht. Das Projekt war sehr riskant. Es freut mich einfach ungemein, dass so ein kreatives Projekt, das mit soviel Liebe gemacht wurde und bis zur letzten Position sympathisch ist, diese Anerkennung bekommt – egal ob im Feedback der Kritiker und des Publikums oder als auch in finanzieller Hinsicht. Dazu schreibt der Film die besten Geschichten und repräsentiert stark die asiatische Schauspielrige. Auch The Banshees of Inisherin und Die Fabelmans haben durchaus Chancen und wären solide Siegerfilme.

Ich für meinen Teil hatte letztes Jahr aber am meisten mit Top Gun 2: Maverick Spaß und denke man könnte einen Sieg vertreten auch wenn er sicherlich weniger in die Kategorie „pädagogisch wertvoll“ fällt und vom deutschen Überraschungssieg für Im Westen nichts Neues darf man ja wohl auch ein wenig träumen.

Bonus-Kategorien

Beste Regie / Directing

Wahrscheinlich: Daniel Kwan & Daniel Scheinert (EverythingEAAO) / Steven Spielberg (Die Fabelmans) Wunsch: Daniel Kwan & Daniel Scheinert (EverythingEAAO)
Eines steht jetzt schon fest: nach zwei Jahren in Folge, wird es bei den diesjährigen Oscars aufgrund mangelnder Nominierungen den „Beste Regie“-Oscar für einen Mann geben. Beziehungsweise vermutlich sogar 2 Männern. Die Daniels sind in dieser Kategorie verdienterweise die Frontrunner und auch meine Favoriten. Streitig machen könnte es am Ende vermutlich am ehesten noch Legende Steven Spielberg, den man vielleicht ausgerechnet für den Film über seine eigene Jugend und den Beginn seiner Karriere Respekt zollen möchte.

Bestes adaptiertes Drehbuch / Adapted Screenplay

Wahrscheinlich: Die Aussprache / Wunsch: Im Westen nichts Neues
Hätte hier prinzipiell zwar lieber Filme wie beispielsweise She said gesehen, aber so ist Die Aussprache der Favorit in dieser Kategorie. Für mich darf hier Im Westen nichts Neues ruhig den Drehbuch-Oscar mit nach Deutschland bringen.

Bestes Originaldrehbuch / Original Screenplay

Wahrscheinlich: Everything Everywhere All at Once / The Banshees of Inisherin

Wunsch: Everything Everywhere All at Once
Für mich persönlich führt kein Weg an Everything Everywhere All at Once vorbei. Die Geschichte ist gut geschrieben, viel seitig, vielschichtig, komplex – was soll da noch mehr gehen? Größte Konkurrenz ist The Banshees of Inisherin. Martin McDonaghs Drehbücher sind eigentlich immer ein Garant auf Erfolg und hätten am Ende auch den Oscar verdient – wenn die Daniels nicht wären.

Zusammenfassung aller Kategorien

Wunsch:

Hong Chau (Nebendarstellerin)

Ke Huy Quan (Nebendarsteller)

Michelle Yeoh (Hauptdarstellerin)

Brendan Fraser (Hauptdarsteller)

Top Gun 2: Maverick (Bester Film)

Daniel Kwan & Daniel Scheinert (Beste Regie)

Im Westen nichts Neues (adapt. Drehbuch)

Everything Everywhere All at Once (Orig.drehbuch)

Wahrscheinlich:

Angela Bassett (Nebendarstellerin)

Ke Huy Quan (Nebendarsteller)

Cate Blanchett (Hauptdarstellerin)

Austin Butler (Hauptdarsteller)

Everything Everywhere All at Once (Bester Film)

Daniel Kwan & Daniel Scheinert (Beste Regie)

Die Aussprache (adapt. Drehbuch)

Everything Everywhere All at Once (Orig.Drehbuch)

Die Fabelmans | Kritik / Review (Oscars 2023)

Storyanriss:

Als der kleine Sammy Fabelman (Meteo Zoryon) von seinen Eltern Burt (Paul Dano) und Mitzi (Michelle Williams) das erste Mal ins Kino mitgenommen wird, hinterlässt dies einen bleibenden Eindruck. Die Bilder verängstigen wie faszinieren ihn. Eine eigene Kamera hilft ihm dabei, die Eindrücke zu verarbeiten. Jahre später ist Sammy (nun: Gabriel LaBelle) ein Teenager, der kaum mehr von seiner Kamera zu trennen ist. Zur Freude seiner selbst künstlerisch tätigen Mutter und mit Mitwirkung seiner drei kleinen Schwestern dreht er immer mehr Filme, die bald immer größer werden und die ganze lokale Pfadfindergruppe involvieren. Doch durch die Kameralinse wird er auch auf die Probleme aufmerksam, die zwischen seinen Eltern schwelen. Als die Familie aufgrund eines neues Jobs des Vaters erneut umziehen muss, scheinen diese kaum mehr unterdrückbar.

Fazit:

Erst im letzten Jahr konnte Kenneth Branagh das beste Drehbuch für Belfast gewinnen, einen Film über die Kindheit des Regisseurs. Dieses Jahr folgt Regielegende Steven Spielberg diesem anhaltenden Trend der letzten Jahre und erzählt in Die Fabelmans wie seine Liebe zum Kino entstand, welche wichtigen Eckpfeiler seinen Werdegang beeinflussten und welche Rolle auch seine Familie und ganz besonders die Beziehung zu seinen Eltern dabei spielte.

Allgemein juckt mich die Kindheit von Regisseuren relativ wenig, weil ich für sowas eine Biografie lesen könnte, wenn ich mehr wissen will und ich mehr Interesse daran habe, diese talentierten Regisseure zu sehen wie sie weitaus spannendere Ideen und Scripte verfilmen statt 0815-Kindheiten. Die eigene Geschichte ist glaube ich selten so spannend wie man vielleicht denkt.

Doch wenn ich über einen Regisseur mehr wissen will und auf der Leinwand sehen will, wie er die Liebe zum Film fand, dann ist es Steven Spielberg. Niemand in Hollywood steht mehr für das Medium Kino als Spielberg, der es in seiner Karriere immer schaffte, sowohl historische Dramen als auch phantastische Stoffe mit so sicherer Hand zu inszenieren wie kein anderer. Ich würde auch mal fast behaupten, dass gefühlt jeder Steven Spielberg kennt und keiner so viele Leute zum Arbeiten in der Branche animierte wie er.

Die Fabelmans erzählt uns also von Spielbergs erstem Kinobesuch, der so einschneidend war, das er das Gesehene nur verarbeiten konnte, in dem er selbst zur Kamera griff. Wir begleiten ihn, bzw. seinen im Film als Sam Fabelman betitelten Alterego, wie er in seiner Jugend immer komplexere, besser Amateurfilme dreht, die schnell zu mehr als nur einem oberflächlichen Hobby heranwachsen.

Doch eben diese Passion ist es auch, die ihm durch die Kameralinse die schonungslosen und bitteren Wahrheiten über seine Familie offenbaren und vorerst seine Ambitionen bremsen.

Mir hat der Film insgesamt gut gefallen, ich kann Filmen über das Filmemachen in der Regel immer was abgewinnen. Manchmal fand ich das Schauspiel seiner Eltern ein wenig zu drüber – vor allem Michelle Williams, aber aufgrund ihre Talents, das bereits 5x für den Oscar nominiert wurde, und dem Fakt, dass es Spielberg ja wissen muss, nehme ich einfach mal an, dass er das Schauspiel so gut getroffen fand. Daran ist dann nur schwer was auszusetzen.

Wie üblich für Spielberg gelingen ihm sowohl die emotionalen Momente, als auch die großen Bilder. Ich denke nicht, dass Die Fabelmans der große Frontrunner für die Oscars ist, aber bei 7 Nominierungen, wird sicherlich auch was für die Beteiligten abfallen.