The Shape of Water | Kritik / Review (Oscars 2018)

The Shape of Water | Kritik / Review (Oscars 2018)

The Shape of Water ist mit 13 Nominierungen der große Favorit der diesjährigen Academy Awards in Los Angeles, obwohl er eigentlich so gar nicht dem üblichen Kandidaten und Frontrunnertypus entspricht. Regisseur Guillermo del Toro (Pans Labyrinth) entwickelte diese Idee von einer Seekreatur, die sich in eine menschliche Frau verliebt bereits kurz nach seinem Regiedebüt Cronos aus dem Jahr 1993.

Auszug aus Doug Jones‘ Monsterreel

Diese Kreatur verkörpert einmal mehr del Toros Stammschauspieler Doug Jones, der das was Andy Serkis für Motion-Capture im Bereich der „Practical Effects“-Monster ist. Nun mehr als 20 Jahre später konnte er diese Geschichte umsetzen und unter anderem Nominierungen für Bester Film, Beste Regie, Beste Hauptdarstellerin, Bester Nebendarsteller und Bestes Originaldrehbuch abstauben.

Storyanriss:

Die stumme Elisa (Sally Hawkins) ist während des Kalten Krieges in einem Hochsicherheitslabor der amerikanischen Regierung angestellt, wo sie einsam und isoliert ihrer Arbeit nachgeht. Doch als sie und ihre Kollegin und Freundin Zelda (Octavia Spencer) ein streng geheimes Experiment entdecken, das in dem Labor vorangetrieben wird, ändert sich Elisas Leben für immer. Sie freundet sich mit dem mysteriösen Fischwesen (Doug Jones) an, das dort in einem Tank gefangen gehalten wird. Ihre Gefühle für die Kreatur werden immer intensiver und zusammen mit ihrem Nachbarn Giles (Richard Jenkins) fasst sie schließlich den Entschluss, den Amphibienmann aus den Händen der Regierung zu befreien – allerdings steht die Liebe unter keinem guten Stern, denn nun wird das Paar gnadenlos vom Militär und dem Laborleiter Strickland (Michael Shannon) gejagt, die das außergewöhnliche Geschöpf für eigene Zwecke missbrauchen will.

Fairytales were born in times of trouble, in complicated times—when hope felt lost. I made The Shape of Water as an antidote to cynicism. For it seems to me that when we speak of love—when we believe in love—we do so in a hopeless way. We fear looking naïve and even disingenuous. But love is real—absolutely real—and, like water, it is the most gentle and most powerful force in the Universe. It is free and formless until it pours into its recipient, until we let it in. Our eyes are blind. But our soul is not. It recognizes love in whatever shape it comes to us. – Guillermo del Toro

Fazit zu „The Shape of Water“:

Mein persönlicher Favorit. Guillermo del Toro gehört zu meinen liebsten Regisseuren, weil er ganz speziell und eigen ist. Man erkennt seine Handschrift einfach und ich bin froh, dass er so viel Erfolg mit The Shape of Water hat – seinem wohl besten Film seit Pans Labyrinth.

Man merkt an jeder Ecke und jedem Detail was er privat für ein Fan dieser Monster- und Märchenstoffe ist. Seine Sets sehen genauso grandios und bis ins letzte Detail durchdesigned aus wie beispielsweise das Haus aus Crimson Peak. Die Idee dahinter war alltägliche Dinge zu nehmen und sie außerweltlich zu gestalten, Gewöhnliches in Außergewöhnliches zu verwandeln.

Sally Hawkins in The Shape of Water

Das Monsterdesign ist klasse und The Shape of Water bietet meiner Meinung nach die verspieltesten und schönsten Bilder aller Oscar-Teilnehmer. Hauptdarstellerin Sally Hawkins beschreibt ihre Erfahrung damit, sich als Teil eines Gemäldes gefühlt zu haben. Mastermind Del Toro, Kameramann Dan Laustsen und Costume Designer Luis Sequeira haben hier eine komplexe und detailreiche Welt geschaffen, die mich eingesogen und sprachlos gemacht hat.

Ich liebe diese märchenhaften Geschichten, die phantastische Elemente mit unserer realen Welt kombinieren. Alleine diese faszinierende, magische Tanzszene, die Kunst und Liebe in all ihren Formen zelebriert, bleibt für mich unvergessen – so merkwürdig sie auch war.

Guillermo del Toros Horrormansion

 

Auch die darstellerischen Leistungen waren echt gut, allen voran Sally Hawkins als stumme Putzkraft, die uns so nuanciert und gefühlvoll durch den Film getragen hat. Sie ist für mich ganz klar die größte Konkurrenz zu Frances McDormand. Man merkt hier, dass Guillermo del Toro nicht nur seit Jahren an diesem Film schrieb, sondern auch schon vor Ewigkeiten Sally Hawkins in Kenntnis darüber setzte, dass er diesen Film die ganze Zeit mit ihr in der Hauptrolle konzipieren würde.

Richard Jenkins als ihr bester Freund und Nachbar hat mich ebenso restlos begeistert zurückgelassen. Er hat seine Nominierung mehr als verdient und ist nach dem Topfavoriten Sam Rockwell meine persönliche Nummer zwei. Michael Shannon ist gut in allem was er tut und war seiner Rolle entsprechend überzeugend fies. Ihre Charaktere sind alle irgendwo soziale Außenseiter die im Prinzip von ihrer Umwelt ignoriert und nicht gesehen werden. Del Toro gibt diesen Figuren eine Stimme, selbst wenn sie stumm sind.

Laut eigener Aussage ist es Guillermo del Toros liebster und persönlichster Film bis dato, es ist ein Märchen das aber nicht aus der Perspektive eines Kindes erzählt wird. Ich hoffe, dass er am Sonntag nach Alfonso Cuaron und Alejandro G. Inarritu der dritte mexikanische Regisseur ist, der in den letzten 5 Jahren die Auszeichnung für die Beste Regie mitnehmen kann. Auch darüber hinaus wünsche ich mir den Sieg in der Kategorie Bester Film. Bei 13 Nominierungen wird der ein oder andere Goldjunge sicher sein – vollkommen zu recht.

The Shape of Water ist ein visuell und emotional hinreißendes Märchen über Liebe, Freundschaft und Akzeptanz – virtuos konzipiert und auf die Leinwand gebracht von einem kreativen Genie und Geschichtenerzähler, Guillermo del Toro.

La La Land | Kritik / Review (Oscars 2017)

(Trailer)

Damien Chazelles Trommler-Drama Whiplash wurde 2015 mit 3 Oscars ausgezeichnet und hatte den netten Nebeneffekt, dass Chazelle jetzt den Film umsetzen durfte, den er eigentlich bereits vor Whiplash drehen wollte – ein waschechtes Musical. Wie in seinem Spielfilmdebüt spielt das Thema der Musik auch in La La Land eine zentrale Rolle.

Mit dabei sind unter anderem die beiden Hauptdarsteller Emma Stone (Birdman) und Ryan Gosling (Drive), sowie J.K. Simmons (Whiplash) und John Legend in Nebenrollen. Der unglaubliche Erfolg von La La Land umfasst aktuell 172 Preise. Am Wochenende bei den 89. Academy Awards könnten noch einige dazu kommen. Mit 14 Nominierungen in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Beste Originaldrehbuch, Bester Hauptdarsteller, Beste Hauptdarstellerin, Beste Kamera, Besten Kostüme, Besten Schnitt, Beste Filmmusik, Besten Filmsong (2x), Bestes Szenenbild, Besten Ton und Besten Tonschnitt.zieht La La Land mit All about Eve und Titanic gleich für die meisten Oscar-Nominierungen.

Storyanriss:

Mia (Emma Stone) ist eine leidenschaftliche Schauspielerin, die ihr Glück in Los Angeles sucht. Sebastian (Ryan Gosling) will dort ebenfalls seinen Durchbruch schaffen, allerdings nicht als Schauspieler, sondern als Musiker, der Menschen des 21. Jahrhunderts für traditionellen Jazz begeistern möchte. Mia und Sebastian müssen sich mit Nebenjobs durchschlagen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern – sie arbeitet in Cafés, er sitzt in Clubs wie dem von Boss (J.K. Simmons) am Keyboard. Nachdem sie einander vorm Klavier begegnet und schließlich ein Paar geworden sind, geben sich gegenseitig Kraft. Von nun an arbeiten sie zu zweit daran, groß rauszukommen. Doch schnell müssen Mia und Sebastian feststellen, dass ihre Bestrebungen auch Opfer fordern und ihre Beziehung auf eine harte Probe stellen.

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Wie willst du ein Revolutionär sein, wenn du so an den Traditionen hängst?

Fazit:

Magisch. Damien Chazelle hat es erneut geschafft einen absolut fantastischen Film zu kreieren, bei dem ich das Gefühl habe, dass er mein Filmwissen und meine Sehgewohnheiten positiv beeinflusst und erweitert hat. Es ist toll zu sehen, wenn so talentierte und kreative Köpfe wie Damien Chazelle durch das Studio freie Hand bekommen bei der Realisierung ihrer Visionen. Wenn so ein Film wie La La Land hinterher bei rumkommt, kann man Chazelle und Whiplash gar nicht genug danken.

Sicherlich handelt es sich bei La La Land um keinen Film für Jedermann und die meisten unschlüssigen, potentiellen Kinogänger werden sich am Musicalaspekt des Films stören. Mit diesem Review hoffe ich jedoch, euch dazu zu bringen, dem Film eine Chance zu geben und euren Filmhorizont zu erweitern. Ich bin der festen Überzeugung, dass ihr es nicht bereuen werdet.

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Doch warum ist La La Land eigentlich so gut? Es ist die Summe seiner Teile, es gibt eigentlich keinen Aspekt des Films der im Vergleich zu den anderen negativ heraussticht. Mit Ryan Gosling und Emma Stone hat man zwei perfekte Schauspieler für die Rollen der Mia und des Sebastian gecastet. Die beiden haben bereits in Gangster Squad und Crazy, Stupid, Love zusammen vor der Kamera gestanden und beweisen nun in Damien Chazelles neustem Geniestreich einmal mehr ihre tolle Chemie auf der Leinwand. Wer am Ende aus dem Kino kommt und nicht in mindestens einen der beiden verliebt ist, hat meiner Ansicht nach eher halbherzig hingeschaut. Stone und Gosling sind einfach so talentierte und vielseitige Darsteller, sodass sie das komplexe Anforderungsprofil von Gesang, Tanz, Musizieren und authentischem Schauspiel mit Leichtigkeit für den Zuschauer auf die Leinwand bringen. Die beiden tragen das Stück natürlich auf ihren Schultern und werden zurecht für sämtliche Darstellerauszeichnungen bedacht.

Doch La La Land hat viel mehr zu bieten, denn durchaus überrascht war ich davon, über die Laufzeit von knapp 130 Minuten eigentlich nur 6 Songs zu bekommen, während der Rest mit einer tiefgründigen und inspirierenden Geschichte über Los Angeles, Hollywood, die Filmindustrie, Jazz, Träumer, Ambitionen und Liebe – nicht nur auf romantische Weise sondern vor allem auch zur Kunst – gefüllt ist. Die Songs sind allesamt Originals und extra für den Film von John Hurtwitz geschrieben und komponiert, das heißt, man bekommt nicht wie bei vielen anderen Musicals Interpretationen von Welthits, zudem geht es in diesen Gesangseinlagen um mehr als nur Unterhaltung. Sie greifen perfekt die Motive und Inhalt der Geschichte auf und sollten meiner Meinung nach mit vollstem Bewusstsein gehört werden. Allen voran sticht das musikalische Herzstück des Films City of Stars heraus.

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Für die deutsche Kinofassung gibt es glücklicherweise die englischen Originalsongs mit deutschem Untertitel. Das fand ich insgesamt zwar gut, aber führt – wie bei Untertiteln häufig der Fall – dazu, stetig mitzulesen und infolgedessen hin und wieder den Blick von den gleichzeitig präsentierten Choreographien und schönen Bildern zu nehmen. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran und die Parts mit Untertiteln nehmen wie erwähnt auch einen relativ geringen Teil des Films ein.

Als Letztes möchte ich noch die Leidenschaft und Phantasie aller Beteiligten hervorheben. Die Sets, Bauten und Kostüme sind hinreißend, die Choreographien nicht zu übertrieben und stilvoll. Ja und was Damien Chazelle da aus seinem Kopf mit Hilfe von Kameramann Linus Sandgren (American Hustle) auf die Leinwand zaubert ist mitunter verspielt, liebevoll, kreativ und dann auch wieder schlicht stylish. Und auch das Ende das er wählte wirkte nicht nur frisch und interessant, es war auch cool gelöst und inszeniert.

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La La Land ist eine Ode an Los Angeles, Hollywood und alle Künstler da draußen mitsamt ihren Höhen und Tiefen und hat für mich als Gesamtwerk absolut einen Nerv getroffen. Damien Chazelle hat das klassische Hollywood-Musical nicht nur wiederbelebt, sondern auch gleichzeitig wieder beerdigt, denn die nächsten Jahre würde es schon an Größenwahn grenzen, wenn man sich freiwillig mit einem neuen Musical-Film mit La La Land messen möchte.

Chazelles Erstlingswerk Whiplash kratzte mit seinen 4,5 Punkten auf meiner Seite bereits an der Höchstwertung, doch La La Land schafft es bei mir nun als zweiter Film nach Birdman (Emma Stone again) auf 5/5 Punkte.

bewertungsskalafinal5,0

Birdman | Kritik / Review (Oscars 2015)

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Willkommen zurück, Michael Keaton! Der für viele beste Batman aller Zeiten meldet sich mit einem großen BANG! zurück in der Traumfabrik Hollywood. Als Hauptdarsteller in Alejandro González Iñárritu (21 Gramm, Babel, Biutiful) komödiantischen Drama „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“, feiert Keaton momentan Erfolg um Erfolg in der Award-Saison. Für das neuste Projekt des mexikanischen Regisseurs wurden unter anderem noch der Kameramann von Gravity (Kritik hier), Emannuel Lubezki, und die Schauspieler Edward Norton (American History X), Emma Stone (The Help), Naomi Watts (Mulholland Drive), Zach Galifianakis (Hangover) und Andrea Riseborough (Oblivion) verpflichtet. Ob Iñárritus ambitionierter Kunstfilm, der mit 18 Mio $ ein sehr kleines Budget hat, auch bei mir gut abschneidet, könnt ihr im Fazit erfahren.

Storyanriss:

Die Karriere von Riggan Thomson (Michael Keaton) ist quasi am Ende. Früher verkörperte er den ikonischen Superhelden Birdman, doch heute gehört er zu den ausgedienten Stars einer vergangenen Ära. In seiner Verzweiflung versucht er, ein Broadway-Stück auf die Beine zu stellen, um sich und allen anderen zu beweisen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. Als die Premiere näher rückt, fällt Riggans Hauptdarsteller unfallbedingt aus. Der Regisseur findet mit Mike Shiner (Edward Norton) schnellen Ersatz – der jedoch nicht nur ein genialer Schauspieler, sondern auch ein exzentrischer Choleriker ist und Riggans Tochter Sam (Emma Stone) anbaggert, die gerade einen Drogenentzug hinter sich gebracht hat. Zusätzlich unter Druck gesetzt wird der gebeutelte ehemalige „Birdman“ von seiner Freundin Laura (Andrea Riseborough), die erzählt, von ihm schwanger zu sein. Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) schneit ebenfalls immer dann herein, wenn die Künstlernerven gerade ohnehin wieder besonders angespannt sind.

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Wir hätten die Reality-Show machen sollen, die uns angeboten wurde.

Fazit:

Birdman ist einfach nur grandios – er hat Mut, er hat Vision, er hat Herz und zu recht 9 Oscar-Nominierungen. Alejandro González Iñárritu demontiert mit seiner ungewöhnlichen Mischung aus grotesker Komödie und Drama auf bitterböse Art und Weise das formelhafte Hollywood-Kino. Aber auch die Kritiker-Kultur oder der Broadway-Theaterbetrieb bleiben nicht unverschont von zynischen Spitzen. Mit Emma Stone, Edward Norton, Naomi Watts, Zach Galifianakis und natürlich Michael Keaton ziehen einige der talentiertesten Schauspieler der Gegenwart ihre eigene Branche durch den Kakao. Man hängt jedem einzelnen Schauspieler in diesem Film förmlich an den Lippen, wenn sie ihre Zeilen darbieten. Ob nun Edward Norton und Michael Keaton in einem genialen Dialog sich gegenseitig zur Höchstleistung peitschen oder Emma Stone sich in einem Wutmonolog in Rage redet, ist egal, denn bei jeder Szene sitzt man einfach nur gebannt vor der Leinwand.

Birdman geht eigene, künstlerische Wege. Die Illusion den kompletten Film in nur einem Take abgedreht zu haben, wird sehr gut aufrecht erhalten und obwohl es letztlich „nur“ sehr lange Takes von stellenweise 10 bis 15 Minuten sind, ist das eine herrausragende und lobenswerte Leistung von Regisseur Iñárritu, dem oscarprämierten Kameramann Emmanuel Lubezki, den Schauspielern und jedem weiteren Mitarbeiter am Set – Chapeau! Toll sind auch die Übergänge von Realität und Fantasie, die quasi fließend ineinander übergehen und mit ihren surrealen Elementen Riggan Thomsons Gemütszustand widerspiegeln. Zu guter Letzt muss ich ein paar Worte zu Michael Keaton loswerden, dessen Rolle und Besetzung so „Meta“ ist, dass es mich vor Begeisterung aus den Latschen haut, wenn ich sehe, wieviel Erfolg er in seinem zweiten Frühling hat.

Wie ihr merkt, bin ich schwer angetan von Birdman und könnte auch noch weiter darüber schwärmen, aber das dann vielleicht mal in einem privaten Gespräch. Bis dahin spreche ich euch meine Empfehlung für dieses Meisterwerk aus und vergebe meine erste 5/5-Wertung für Birdman.