Lady Bird | Kritik / Review (Oscars 2018)

(Trailer)

Was für eine Erfolgsstory: Greta Gerwig, die man zu Beginn ihrer Karriere in Hollywood sowohl bei sämtlichen Schauspielschulen als auch für die Drehbuch-Programme ablehnte, ist nun mit ihrem ersten eigenen Film auf der Erfolgsspur und trifft den Nerv der Zeit. Gerwig, die jahrelang als Indi-Geheimtipp galt und es mit der Hauptrolle im „How i met your Mother“-Spinoff auch fast in den Mainstream schaffte, nimmt jetzt auf dem Regiestuhl platz und scheint damit ihre Bestimmung gefunden zu haben.

Lady Bird hatte über das Jahr 2017 gesehen vermutlich die längste Zeit den größten Buzz der Kandidaten. Grund dafür war unter anderem die 100%-Kritikerzustimmung auf RottenTomatoes.com. Es hat rekordverdächtige 196 positive Fresh-Kritiken auf RottenTomatoes.com gebraucht, bis sich ein Spielverderber fand, der ihrem Debütwerk Lady Bird die 100% Ratio zerstörte. Mittlerweile hat sich der Film nach knapp 280 Kritiken bei 99% eingependelt was schlicht phänomenal gut ist.

Storyanriss:

Christine McPherson (Saoirse Ronan) steht seit früher Kindheit im Schatten ihrer ehrgeizigen und durchsetzungsstarken Mutter Marion (Laurie Metcalf). Aus diesem Grund und weil sie genervt ist von ihrer konservativen katholischen High-School und den Einschränkungen des Lebens in einer Kleinstadt, versucht Christine, die sich selbst den Namen Lady Bird gegeben hat, ihrer nordkalifornischen Heimatstadt Sacramento zu entfliehen. Ein College an der Ostküste soll es sein, dort wo die Künstler und Intellektuellen leben, doch dafür hat ihre Familie eigentlich nicht genug Geld und ihre Noten sind zu schlecht. Innerhalb eines sehr prägenden Jahres verbringt sie viel Zeit mit ihrer besten Freundin Julie (Beanie Feldstein) und lernt gleich zwei junge Männer kennen, zu denen sie sich stark hingezogen fühlt: Den musikalischen, aus gutem Hause stammenden Danny (Lucas Hedges) und den betont coolen Rebellen Kyle (Timothée Chalamet).

What if this is the best version?

Fazit:

Bei all den Lobeshymnen und Rekorden vor dem offiziellen Kinostart baut sich natürlich beim potentiellen Publikum eine Erwartungshaltung auf, die fast kein Film in so einer Situation halten könnte. Lady Bird ist da nicht wirklich eine Ausnahme, auch wenn es sich um einen sehr guten Film handelt. Lady Bird erzählt eine klassische Coming-of-Age-Geschichte mit dem herausragenden Porträt einer Tochter-Mutter-Beziehung als emotionalen Kern.

Diese Figuren sind vielleicht keine Neuentdeckung im Storytelling, wirken aber sehr authentisch und wahrhaftig. Was für den einen Charakter ein Coming-of-Age-Moment ist, ist für den anderen eher als Loslassen zu verstehen. Zum Leben erweckt werden diese Rollen von Saoirse Ronan (Brooklyn) und Laurie Metcalf (Roseanne), die wie ich finde zurecht für die Darstellerkategorien der Oscars nominiert wurden – auch wenn sie den Goldenen Jungen am Ende vermutlich nicht gewinnen werden. Lang kann es aber für Saoirse Ronan nicht mehr dauern, die irische Schauspielerin ist erst 23 Jahre alt und wurde schon zum dritten Mal für einen Oscar nominiert.

Was Lady Bird besonders macht ist Greta Gerwig

Auch wenn die Geschichte als solches von Lady Bird rein fiktiv ist, gibt es mit dem Handlungsort oder paar Charakteristika im Film einige Aspekte, die autobiographische Parallelen aufweisen. Gerwig ist wie die Figur Lady Bird ein Freigeist mit einer Vorliebe für die Kunst. Ihre Leidenschaft für das Theater zeigte sie bei ihrem Cast – einer handerlesenen Zusammenstellung aus renommierten Broadway-Darstellern. Auch bei der Songauswahl hatte sie für jede Szene ein spezifisches Lied im Kopf, wofür sie sich beim Künstler selbst mit liebevollen Briefen die Nutzungserlaubnis einholte.

Nach Lina Wertmuller (Seven Beauties), Jane Campion (The Piano), Sofia Coppola (Lost in Translation) und Kathryn Bigelow (The Hurt Locker) ist Greta Gerwig erst die fünfte Regisseurin, die in der „Beste Regie“-Kategorie nominiert wurde. Kathryn Bigelow war 2010 die erste und einzige Gewinnerin – sie stach damals ihren Ex-Mann James Cameron (Avatar) aus. Lady Bird ist auch erst der vierte Film, wo eine Frau das Drehbuch schrieb sowie die Regie führte und für beide Kategorien für den Oscar nominiert wurde.

Greta Gerwig hat aus dem ursprünglich 350 Seiten umfassenden Script eine kompakte, in sich stimmige 94-minütige Dramödie gestrickt, die gleichermaßen Jugendliche als auch Erwachsene anspricht. Das Solo-Regiedebüt Lady Bird erfindet das Rad zwar nicht neu, bietet aber durch die starken Frauenrollen, tollen Darstellerinnen und starken Beziehung zwischen Mutter und Tochter einen Mehrwert.