Kurzkritiken Round-Up KW 3 | 2017

xXx 3: Die Rückkehr des Xander Cage

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Storyanriss:

Auf Bitten seines Kontaktmannes Agent Augustus Eugene Gibbons (Samuel L. Jackson) kehrt der für tot gehaltene Extremsportler Xander Cage (Vin Diesel) aus seinem selbstauferlegten Exil zurück, um erneut als Geheimagent für die US-Regierung zu arbeiten. Dieses Mal muss er eine ebenso unaufhaltbare wie zerstörerische Waffe namens „Die Büchse der Pandora“ bergen. Zeitgleich machen sich jedoch auch der sinistre und mit Waffen wie Fäusten tödliche Xiang (Donnie Yen) und dessen Schergen daran, die todbringende Technologie in ihren Besitz zu bringen. Zusammen mit seinem neuen Team kampfbereiter adrenalinsüchtiger Profis (u.a. Deepika Padukone, Ruby Rose, Rory McCann und Nina Dobrev) findet sich Xander schon bald in einer tödlichen Verschwörung wieder.

Fazit:

Eiei, was war das? Regisseur D. J. Caruso (Disturbia) und Franchise-Rückkehrer / Hauptdarsteller Vin Diesel haben ordentlich in ihre Ideenkiste gegriffen und mächtig übertrieben. Man merkt deutlich, dass Vin Diesel und die Studiobosse mit aller Kraft versuchen die xXx-Marke wiederzubeleben und nach dem miesen zweiten Teil auf ein neues Level zu heben.

Hierfür greift Produzent Vin Diesel auf eine alte Erfolgsformel zurück, die sich schon bei seiner anderen Filmreihe Fast and Furious bewährt hat: ein großer internationaler Cast. Aus Einzelgänger wird also ein familiäres Gefüge aus Stars aller Herrenländer. So gibt es beispielsweise Donnie Yen aus China, Tony Jaa aus Thailand, Deepika Padukone aus Indien, Nina Dobrev aus Bulgarien, Rory McCann aus Schottland oder Ruby Rose aus Australien.

Dieser Teil nimmt sich im Vergleich zum Original xXx wirklich gar nicht mehr ernst und ist teils sehr selbstreferenziell, wenn man Xander Cages Arbeit im Film damit beschreibt, dass er die Welt retten, am Ende die Frau kriegen und dabei besonders cool aussehen soll. Der Unterschied zwischen Teil 1 und 3 ist immens. The Return of Xander Cage kann man eher mit Fast and Furious 6+7 vergleichen – nur ohne Autos.

Ich wusste was mich erwartet, hatte meinen Spaß aber dennoch war es mir häufig zu viel und zu doof. Eingedeutschte „That’s what she said“-Witze, Sexorgien im Verhältnis 1 Mann zu 7 Frauen, One-Liner aus den 80ern und viel CGI in den Actionsequenzen waren manchmal too much und auch Vin Diesels Selbstdarstellung war oft hart an der Grenze – selbst für mich als Fan. Die Geschichte ist eine typische, belanglose 0815-MacGuffin Story, dient aber ehrlich gesagt ja auch nur dazu um von Action-Set-Piece zu Action-Set-Piece zu leiten und exotische Locations zu zeigen. xXx 3 ist ein bekloppter aber spaßiger Actionfilm mit Facepalm-Garantie.

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Verborgene Schönheit

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Storyanriss:

Howard Inlet (Will Smith) hat eigentlich alles wovon er immer geträumt hat. Als aber eines Tages eine schreckliche Tragödie vor seinen Augen stattfindet, verfällt der New Yorker in eine tiefe Depression und sein Leben gerät immer mehr aus den Fugen. Schließlich fängt Howard in seiner Verzweiflung sogar an, Briefe an die verschiedensten abstrakten Dinge und Konzepte zu schreiben. Wenigstens hat der Werbefachmann Mitarbeiter und Freunde (u.a. Edward Norton, Kate Winslet und Michael Pena), die sich um ihn sorgen und gar nicht daran denken, ihren Chef seiner Trauer zu überlassen. Doch eine Besserung von Howards Zustand tritt erst auf, als drei besondere Figuren in sein Leben treten: Der Tod (Helen Mirren), die Zeit (Jacob Latimore) und die Liebe (Keira Knightley), die allesamt Briefe von ihm erhalten haben, suchen ihn auf.

 

Fazit:

Mal wieder ein versuchter Angriff Will Smiths auf unsere Tränendrüsen und auch dieses Mal meinen es die internationalen Kritiken nicht gut mit seinem Film. Verborgene Schönheit wurde regelrecht verrissen in der Presse und wenn ich ehrlich bin für mich nicht ganz nachvollziehbar.

Der größte Schwachpunkt des Films liegt meiner Meinung nach in dem kläglichen Versuch, dich als Zuschauer permanent emotional mitzunehmen und zum Heulen zu bewegen. Das funktionierte wie bei The Light between Oceans  aus dem letzten Jahr auch hier nicht bei mir. Es wird quasi versucht mit einem Vorschlaghammer Emotionen einzuprügeln und das führt bei mir dann zum Gegenteil, wenn ich permanent mit depressiven Szenen, Heulorgien und krampfhaft tiefgründigen Dialogen zugeschissen werde.

Dennoch hat mir die Geschichte insgesamt gefallen, die 2-3 nette Wendungen und Überraschungen beinhaltet und doch auch interessante Ideen hatte. So hat mir gefallen, dass auch Kate Winslet, Edward Norton und Michael Pena – welche eigentlich die Schauspieler, die Tod, Liebe und Zeit spielen sollen, auf ihre Rollen vorbereiten – gleichzeitig jeweils selbst was über Tod, Liebe und Zeit lernen und somit auch sich therapieren und nicht nur Will Smiths Figur. Mehr will ich nicht verraten aber prinzipiell hat mir das schon gefallen. Schauspielerisch überzeugen vor allem Will Smith und Helen Mirren, der Rest des super hochwertigen Casts ist leider nicht wirklich gefordert und wirkt ein wenig verschenkt.

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Manchester by the Sea

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Storyanriss:

Der einsame und schweigsame Lee Chandler (Casey Affleck), als Handwerker für einen Bostoner Wohnblock zuständig, wird von einer erschütternden Nachricht aus dem Alltag gerissen: Sein Bruder Joe (Kyle Chandler) ist plötzlich gestorben. Nach dem überraschenden Tod soll sich Lee um Joes 16-jährigen Sohn Patrick (Lucas Hedges) kümmern. Dafür zieht er von Boston zurück in seine Heimat, die Hafenstadt Manchester an der amerikanischen Ostküste. Doch muss er dort nicht nur Ersatzvater für einen Teenager sein, ohne so was jemals zuvor gemacht zu haben, sondern trifft auch seine Ex-Frau Randi (Michelle Williams) wieder, mit der er früher chaotisch, aber glücklich zusammenlebte. Die alten Wunden beginnen, erneut zu schmerzen und Lee fängt an, sich zu fragen, was es braucht, um mit der Vergangenheit ins Reine zu kommen – und was es braucht, eine gesunde Zukunft zu beginnen.

Fazit:

Nach You Can Count on Me und dem skandalösen Margaret ist Manchester by the Sea erst der dritte Film überhaupt von Kenneth Lonergan. Lonergan konzentriert sich auf die eher kleinen und unscheinbaren Momente, die uns mehr über die Charaktere erzählen als es vielleicht so manch großer Gefühlsausbruch tun würde. Manchmal erfährt man Dinge aus der Vergangenheit oder über Figuren nur beiläufig in einem Nebensatz, ohne weiter aufgegriffen und nochmal wirklich relevant zu werden. Der Film ist nicht nur minimalistisch und realistisch, er ist vor allem auch authentisch – super geschrieben und eingefangen von Kenneth Lonergan.

Die Leistungen der drei Hauptrollen Casey Affleck, Lucas Hedges und Michelle Williams waren super und die drei Darsteller wurden auch gerade erst allesamt für einen Oscar nominiert. Ziemlich verrückt wenn man bedenkt, dass Lucas Hedges noch recht unerfahren ist, Casey Affleck weiter aus dem Schatten seines großen Bruders tritt und eigentlich Matt Damon ersetzt und Michelle Williams im Prinzip nur in 2-3 Szenen überhaupt zu sehen ist. Dafür hat sie eine Szene im Film, wo sie nicht nur kurz den Star des Films überstrahlt, sondern auch durch ihre Beziehung zum verstorbenen Heath Ledger und ihrem gemeinsamen Kind, diesem Moment eine krasse emotionale Tiefe verleiht. Von vielen wird diese Szene als beste Szene des vergangenen Kinojahres gesehen.

Manchester by the Sea handelt zwar hauptsächlich von traurigen, schwer zu verdauenden Themen wie der Trauerbewältigung, versucht aber recht häufig diese Stimmung mit witzigen Akzenten aufzubrechen. Für mich hat das leider nicht immer funktioniert und kam manchmal fast schon störend und merkwürdig daher. Generell muss ich gestehen, dass ich emotional nicht komplett abgeholt wurde, obwohl prinzipiell alles stimmte. Ich habe zuvor – nach all den Stimmen zum Film – einfach so stark damit gerechnet komplett fertig und berührt zu sein von den Schicksalen dieser Figuren, dass ich vielleicht unterbewusst ein wenig zu gemacht habe. Dennoch denke ich, dass ich da eher in der Minderheit bin und trübt meinen Eindruck vom Film nur minimal.

Manchester by the Sea hat für mich das Konzept des Slice of Life deutlich besser umgesetzt als Paterson letztes Jahr und überzeugt vor allem durch seine authentischen Charaktere und Schicksale, die nicht nach Hollywoodregeln inszeniert sind und vor allem durch drei tolle Darstellerleistungen getragen werden.

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And the Oscar 2015 goes to..

neil patrick harrisHeute ist es endlich soweit – die Nacht für Filmbegeisterte. In Los Angeles werden heute gegen 1 Uhr deutscher Zeit (übertragen von Pro7) die 87. Academy Awards verliehen. Durch den Abend im Dolby Theatre führt zum ersten Mal der Schauspieler Neil Patrick Harris. Der „How I Met your Mother„-Star ist aber keinesfalls ein unbeschriebenes Blatt in der Eventmoderation, denn bis heute hat er bereits 3mal die Tony und 2mal die Emmy-Awards modereriert. Harris muss heute Abend aber in große Fußstapfen treten, denn Talkmasterin Ellen DeGeneres hat mit ihrer Pizzaboy-Aktion und vor allem dem Selfie des Jahrzehnts die Messlatte ziemlich hoch gelegt.

 

Für die musikalischen Highlights am heutigen Oscar-Abend sorgen wie immer die Nominierten für den „Besten Song„, also Adam Levine mit “Lost Stars” (Can a Song save your Life?), Common und John Legend mit “Glory” (Selma), Rita Ora mit “Grateful” (Beyond the Lights), Tim McGraw mit “I’m Not Gonna Miss You” (Glen Campbell…I’ll Be Me) und Tegan and Sara und The Lonely Island mit “Everything Is Awesome” (The Lego Movie). Darüber hinaus werden auch Lady Gaga, Jennifer Hudson, Jack Black und Anna Kendrick auf der Bühne zu sehen sein.

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Beste Nebendarstellerin / Actress in A Supporting Role:

Patricia Arquette (Boyhood) | Laura Dern (Wild) | Keira Knightley (The Imitation Game) | Emma Stone (Birdman) | Meryl Streep (Into The Woods)

 

Wunsch: #1 Emma Stone #2 Patricia Arquette

Emma-StoneEhrlich gesagt ist diese Kategorie für mich dieses Jahr ziemlich schwach besetzt, nicht weil die Schauspielerinnen nicht gut sind, sondern weil ich keine der Rollen für sonderlich herausragend fand und als wirkliche Oscar-Performanc eingeschätzt habe. So gut Meryl Streep auch ist, muss man die Nominierung schon fast als Running-Gag bezeichnen, weil sie fast jedes Jahr dabei ist. Da ich aber großer Emma Stone Fanboy bin, würde ich mir einen Erfolg für ihre Rolle als drogensüchtige Tochter Sam in Birdman wünschen.

Wahrscheinlich: #1 Patricia Arquette #2 Laura Dern

Patricia-ArquetteDie größten Chancen auf den Oscar in dieser Kategorie darf sich wohl Patricia Arquette machen, die als ehrgeizige und nahezu alleinerziehende Mutter in Boyhood den Spagat zwischen finanzieller Unabhängigkeit, Kindererziehung und privatem Glück meistern muss. Anfang Januar hat sie dafür bereits den Golden Globe gewonnen und wird hier vermutlich als Siegerin vom Feld gehen. Die zweitbesten Chance rechne ich Laura Dern aus, die ebenfalls eine alleinerziehende und liebevolle Mutter in Wild verkörperte und vielleicht in letzter Sekunde das Fotofinish für sich entscheiden könnte.

 

Bester Nebendarsteller / Actor in A Supporting Role:

Robert Duvall (Der Richter) | Ethan Hawke (Boyhood) | Edward Norton (Birdman) | Mark Ruffalo (Foxcatcher) | J. K. Simmons (Whiplash)

 

Wunsch: #1 J. K. Simmons #2 Mark Ruffalo

mark-ruffaloMit Ethan Hawke, Mark Ruffalo und Edward Norton gibt es dieses Jahr gleich 3 meiner absoluten Lieblingsschauspieler in der gleichen Kategorie und so sehr ich es ihnen auch gönne, ist mein Favorit J.K. Simmons, der als Fletscher den fiesesten Anpeitscher des Jahres und die Rolle seines Lebens spielte. Die Nominierung von Ethan Hawke find ich für Boyhood zwar eher unverdient aber darüber hinaus kann man eigentlich nur bedauern, dass nur einer von den Fünf den Goldjungen mit nach Hause nimmt.

Wahrscheinlich: J. K. Simmons

jk_simmonsIm Prinzip steht der Sieg von J. K. Simmons fest könnte man meinen. Doch glücklicherweise hat man hier nicht das Gefühl, dass es wohlmöglich unverdient wäre und man diese Wahl nur getroffen hätte um irgendeiner Lobby einen Gefallen zu tun. Simmons ist der große Favorit und wird vermutlich heute Abend völlig zu recht nach dem Golden Globe auch den Oscar gewinnen für seine phänomenale Performance in Whiplash.

 

Beste Hauptdarstellerin / Actress in A Leading Role

Marion Cotillard (Zwei Tage, eine Nacht) | Felicity Jones (Die Entdeckung der Unendlichkeit) | Julianne Moore (Still Alice) | Rosamund Pike (Gone Girl) | Reese Witherspoon (Wild)

 

Wunsch: #1 Julianne Moore #2 Rosamund Pike

julianne-mooreMarion Cotillard ist die einzige der fünf Damen, die ich noch nicht in ihrem neuen Film Zwei Tage, eine Nacht sehen konnte, sodass sie also hier für mich aus der Einschätzung rausfällt. Die anderen vier Schauspielerinnen fand ich aber alle sehr überzeugend auch wenn für mich ganz klar Julianne Moore die Favoritenrolle einnimmt. Rosamund Pike hingegen hätte vermutlich keiner in naher Zukunft bei den Oscars gesehen, aber ihre Leistung in David Finchers Thriller Gone Girl war sehr interessant und auch spezieller als die von Felicity Jones oder Reese Witherspoon, deswegen würde ich es auch ihr gönnen.

Wahrscheinlich: #1 Julianne Moore #2 Reese Witherspoon

reeseVermutlich bekommt Julianne Moore heute den Oscar für ihre grandiose Darbietung als Alice, eine an Alzheimer erkrankte Sprachwissenschaftlerin, die lernen muss mit ihrer Krankheit und den Einschnitten in ihrem Leben klarzukommen. Die wohl wahrscheinlichsten Chancen auf einen Überraschungssieg hätte wohl Reese Witherspoon, die mit ihrem Biopic Wild und dem dort gezeigten Selbstfindungstripp von Cheryl Strayed alle Weichen Richtung Oscar-Nominierung gestellt hat.

 

Bester Hauptdarsteller / Actor in a Leading Role

Steve Carell (Foxcatcher) | Bradley Cooper (American Sniper) | Benedict Cumberbatch (The Imitation Game) | Michael Keaton (Birdman) | Eddie Redmayne (Die Entdeckung der Unendlichkeit)

 

Wunsch: #1 Michael Keaton

Michael KeatonWenn man den Wettbüros dieser Welt Glauben schenken darf, sind Bradley Cooper, Benedict Cumberbatch und Steve Carell eher chancenlos heute Abend und zumindest bei Cumberbatch und Cooper kann ich nur sagen: zu recht! Am liebsten hätte ich beide durch Jake Gyllenhaal (Nightcrawler) und eventuell Ralph Fiennes (Grand Budapest Hotel) oder auch Robert Downey Jr. (Der Richter) ersetzt, weil ich die Leistung der beiden Nominierten als eher belanglos empfand. Beide sind dennoch richtig gute Schauspieler, die auch früher oder später ihren Oscar bekommen werden. Bei Steve Carell find ich das alles dieses Jahr ein wenig tragischer, denn ich glaube kaum jemand hätte ihm so eine Rolle wie in Foxcatcher zugetraut. Das war wohl die krasseste Wandlung des Filmjahres und wird letztlich wohl dennoch von den Lobbys all seiner Konkurrenten überstrahlt werden. Unter ihnen auch mein absoluter Wunschkandidat Michael Keaton, der sich mit einer genialen Performance in Birdman, der als erster Film auf dieser Seite ein 5/5-Rating bekommen hat, eindrucksvoll zurückmeldete.

Wahrscheinlich: #1 Eddie Redmayne #2 Michael Keaton

eddie_redmayneBei den Golden Globes wurden ihre Filme noch in unterschiedlichen Rubriken geführt und somit ein richtiges Aufeinandertreffen von Eddie Redmayne und Michael Keaton vermieden. Der Ausgang ist bekannt: beide Schauspieler gewannen in ihrer Kategorie den Preis für die „Beste Hauptrolle“ und stiegen im gleichen Atemzug zu den großen Favoriten bei den Oscars auf. Die außergewöhnliche und facettenreiche Leistung Redmaynes als Stephen Hawking in Die Entdeckung der Unendlichkeit gilt bei den Buchmachern am wahrscheinlichsten heute Abend. Wir dürfen also gespannt sein, wem Cate Blanchett den Oscar überreichen wird.

 

Bester Film / Best Picture

The Imitation Game | Grand Budapest Hotel | Birdman | Boyhood | American SniperDie Entdeckung der Unendlichkeit | Selma | Whiplash

 

Wunsch: #1 Birdman #2 Whiplash

birdman-blog1Im letzten Jahr sagte ich über die Nominierten, dass sie sehr vielschichtig und nahezu durchgehend auf einem hohen Niveau waren und das trifft auch dieses Jahr wieder zu, aber auf eine etwas andere Art. Denn obwohl wir dieses Mal auch die unterschiedlichsten Settings und Storys haben, fällt schon auf, dass es ziemlich viele Biopics gab.

 

Vier alleine in der Rubrik „Bester Film„, darüber hinaus kommen dann noch Foxcatcher oder Wild in anderen Kategorien dazu. Das nimmt natürlich stückweit die Spannung aus den Filmen und engt irgendwo auch den kreativen Spielraum ein. Wünschenswert für nächstes Jahr wäre also weniger biographischer Inhalt und mehr Kreativität. Dennoch gab es auch ein paar Perlen, die besonders aus dem Rest herausstachen. So auch mein Liebling unter den Nominierten: Birdman. Birdman hat mich verdammt noch mal geflasht und auf allen Ebenen überzeugt, dementsprechend wünsche ich mir hier einen Sieg. Neben Birdman würde ich es vor allem dem Musik-Drama Whiplash gönnen, auch wenn den Quoten nach Whiplash die geringsten Chancen aller Teilnehmer hat.

Wahrscheinlich: #1 Boyhood #2 Grand Budapest Hotel

boyhood-blog2Richard Linklaters Boyhood wird vermutlich die Nase vorn haben im Rennen um den „Besten Film„. Ich würde es Boyhood und vor allem Linklater zwar gönnen, aber rein vom Film her gab es weitaus bessere. Deswegen sind auch der mit 9 Nominierungen gewürdigte Grand Budapest Hotel und Birdman dazu bereit, am Ende doch noch einen Strich durch die Rechnung zu machen.Wenn es nach mir ginge, würde ich wohl Linklater als Regisseur für sein konzeptionelle Arbeit hinter Boyhood auszeichnen und einen anderen der Nominierten zum „Besten Film“ wählen. Man darf gespannt sein, wie es letztlich heute Abend ausgehen wird.

Zusammenfassung:

BigFive – Wunsch:

  • Emma Stone, Birdman (Beste Nebendarstellerin)
  • #1 J. K. Simmons, Whiplash / #2 Mark Ruffalo, Foxcatcher (Bester Nebendarsteller)
  • #1 Julianne Moore, Still Alice / #2 Rosamund Pike, Gone Girl (Beste Hauptdarstellerin)
  • Michael Keaton, Birdman (Bester Hauptdarsteller)
  • #1 Birdman / #2 Whiplash (Bester Film)

 

BigFive – Wahrscheinlichkeit:

  • Patricia Arquette, Boyhood (Beste Nebendarstellerin)
  • J. K. Simmons, Whiplash (Bester Nebendarsteller)
  • #1 Julianne Moore, Still Alice / #2 Reese Witherspoon, Wild (Beste Hauptdarstellerin)
  • #1 Eddie Redmayne, D.E.d.U. / #2 Michael Keaton, Birdman (Bester Hauptdarsteller)
  • #1 Boyhood / #2 Grand Budapest Hotel (Bester Film)

Birdman | Kritik / Review (Oscars 2015)

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Willkommen zurück, Michael Keaton! Der für viele beste Batman aller Zeiten meldet sich mit einem großen BANG! zurück in der Traumfabrik Hollywood. Als Hauptdarsteller in Alejandro González Iñárritu (21 Gramm, Babel, Biutiful) komödiantischen Drama „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“, feiert Keaton momentan Erfolg um Erfolg in der Award-Saison. Für das neuste Projekt des mexikanischen Regisseurs wurden unter anderem noch der Kameramann von Gravity (Kritik hier), Emannuel Lubezki, und die Schauspieler Edward Norton (American History X), Emma Stone (The Help), Naomi Watts (Mulholland Drive), Zach Galifianakis (Hangover) und Andrea Riseborough (Oblivion) verpflichtet. Ob Iñárritus ambitionierter Kunstfilm, der mit 18 Mio $ ein sehr kleines Budget hat, auch bei mir gut abschneidet, könnt ihr im Fazit erfahren.

Storyanriss:

Die Karriere von Riggan Thomson (Michael Keaton) ist quasi am Ende. Früher verkörperte er den ikonischen Superhelden Birdman, doch heute gehört er zu den ausgedienten Stars einer vergangenen Ära. In seiner Verzweiflung versucht er, ein Broadway-Stück auf die Beine zu stellen, um sich und allen anderen zu beweisen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. Als die Premiere näher rückt, fällt Riggans Hauptdarsteller unfallbedingt aus. Der Regisseur findet mit Mike Shiner (Edward Norton) schnellen Ersatz – der jedoch nicht nur ein genialer Schauspieler, sondern auch ein exzentrischer Choleriker ist und Riggans Tochter Sam (Emma Stone) anbaggert, die gerade einen Drogenentzug hinter sich gebracht hat. Zusätzlich unter Druck gesetzt wird der gebeutelte ehemalige „Birdman“ von seiner Freundin Laura (Andrea Riseborough), die erzählt, von ihm schwanger zu sein. Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) schneit ebenfalls immer dann herein, wenn die Künstlernerven gerade ohnehin wieder besonders angespannt sind.

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Wir hätten die Reality-Show machen sollen, die uns angeboten wurde.

Fazit:

Birdman ist einfach nur grandios – er hat Mut, er hat Vision, er hat Herz und zu recht 9 Oscar-Nominierungen. Alejandro González Iñárritu demontiert mit seiner ungewöhnlichen Mischung aus grotesker Komödie und Drama auf bitterböse Art und Weise das formelhafte Hollywood-Kino. Aber auch die Kritiker-Kultur oder der Broadway-Theaterbetrieb bleiben nicht unverschont von zynischen Spitzen. Mit Emma Stone, Edward Norton, Naomi Watts, Zach Galifianakis und natürlich Michael Keaton ziehen einige der talentiertesten Schauspieler der Gegenwart ihre eigene Branche durch den Kakao. Man hängt jedem einzelnen Schauspieler in diesem Film förmlich an den Lippen, wenn sie ihre Zeilen darbieten. Ob nun Edward Norton und Michael Keaton in einem genialen Dialog sich gegenseitig zur Höchstleistung peitschen oder Emma Stone sich in einem Wutmonolog in Rage redet, ist egal, denn bei jeder Szene sitzt man einfach nur gebannt vor der Leinwand.

Birdman geht eigene, künstlerische Wege. Die Illusion den kompletten Film in nur einem Take abgedreht zu haben, wird sehr gut aufrecht erhalten und obwohl es letztlich „nur“ sehr lange Takes von stellenweise 10 bis 15 Minuten sind, ist das eine herrausragende und lobenswerte Leistung von Regisseur Iñárritu, dem oscarprämierten Kameramann Emmanuel Lubezki, den Schauspielern und jedem weiteren Mitarbeiter am Set – Chapeau! Toll sind auch die Übergänge von Realität und Fantasie, die quasi fließend ineinander übergehen und mit ihren surrealen Elementen Riggan Thomsons Gemütszustand widerspiegeln. Zu guter Letzt muss ich ein paar Worte zu Michael Keaton loswerden, dessen Rolle und Besetzung so „Meta“ ist, dass es mich vor Begeisterung aus den Latschen haut, wenn ich sehe, wieviel Erfolg er in seinem zweiten Frühling hat.

Wie ihr merkt, bin ich schwer angetan von Birdman und könnte auch noch weiter darüber schwärmen, aber das dann vielleicht mal in einem privaten Gespräch. Bis dahin spreche ich euch meine Empfehlung für dieses Meisterwerk aus und vergebe meine erste 5/5-Wertung für Birdman.