Call Me by Your Name | Kritik / Review (Oscars 2018)

(Trailer)

Call Me by Your Name ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von André Aciman. Der italienische Regisseur Luca Guadagnino (A Bigger Splash) hat diese Geschichte adaptiert und kurzerhand in seine Heimatstadt Crema verlegt, wo der Film auch gedreht wurde. Die beiden Hauptrollen wurden mit Armie Hammer (Codename U.N.C.L.E.) und Timothée Chalamet (Interstellar) besetzt. Chalamet hat für den Film extra Italienisch und Piano spielen gelernt. In Nebenrollen kann man unter anderem Michael Stuhlbarg sehen, der dieses Jahr mit Die Verlegerin, Call Me by Your Name und The Shape of Water in gleich drei Filmen mitspielt, die allesamt für den Oscar in der Kategorie „Bester Film“ nominiert sind.

Storyanriss:

Norditalien, 1983: Familie Perlman verbringt den Sommer in ihrer mondänen Villa. Während der 17 Jahre alte Sohn Elio (Timothée Chalamet) Bücher liest, klassische Musik hört und keinen Flirt mit seiner Bekannten Marzia (Esther Garrel) auslässt, beschäftigt sich sein Vater (Michael Stuhlbarg), ein emeritierter Professor, mit antiken Statuen. Für den Sommer hat sich der auf griechische und römische Kulturgeschichte spezialisierte Archäologe mit Oliver (Armie Hammer) einen Gast ins Haus geholt, der ihm bei seiner Arbeit zur Seite stehen soll. Der selbstbewusste und attraktive Besucher wirbelt die Gefühle des pubertierenden Elio ganz schön durcheinander. Während sich langsam eine Beziehung zwischen den beiden anbahnt, merkt Elio, dass er trotz seiner Intelligenz und der Bildung, die er dank seinem Vater und seiner Mutter Annella (Amira Casar) genießt, noch einiges über das Leben und die Liebe lernen muss.

Fazit zu „Call Me by Your Name“:

Eine sehr sanfte und gefühlvolle Erzählung über eine Sommerliebe zwischen einem Teenager und einem erwachsenen gestandenen Mann. Diese Geschichte einer ersten, wenn auch ungewöhnlichen Liebe wird mehr als nur durch Worte erzählt. Vor allem die Musik, Blicke und Gesten untermalen das Geschehen perfekt. Zwei der Songs, unter anderem der für den Oscar nominierte „Mystery of Love“ stammen aus der Feder Sufjan Stevens.

Timothee Chalamet und Michael Stuhlbarg, Vater-Sohn-Gespräch - Call Me by Your Name

Call Me by Your Name handelt nicht nur von Liebe, es geht auch um Familie, Mitgefühl, sexuellem Begehren, dem Erkunden des eigenen Körpers und der eigenen Sexualität generell. Wenn ich euch sage, dass die berüchtigte Nektarinenszene des Films die vielleicht expliziteste aber nicht ungewöhnlicheste Sexszene der diesjährigen Oscars darstellt, dann könnte ihr gespannt bleiben was die Tage noch folgt.

Das Schauspiel würde ich als eher unauffällig und unaufdringlich aber sehr gut beschreiben. Ein Dialog von Vater und Sohn, sowie die finale Szene haben es mir besonders angetan. Timothée Chalamet, ist mit erst 22 Jahren der jüngste Nominierte in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ seit 1939. Wenn er gewinnen sollte, wäre er der jüngste Sieger in dieser Kategorie. Außergewöhnliches Jahr für ihn, neben der eigenen Oscar-Nominierung für Call Me by Your Name spielte er auch in Greta Gerwigs Lady Bird mit, den ich euch bereits am Freitag vorstellte.

Luca Guadagninos gefühlvolles Schwulendrama Call Me by Your Name trifft die richtigen Töne. Auch wenn man beide Filme trotz ihres homosexuellen Backgrounds nicht direkt miteinander vergleichen kann, hat sich der Vorjahressieger Moonlight aber stärker in mein Gedächtnis eingebrannt und letztlich besser gefallen. Nichtsdestotrotz war der Film gut genug, um verdient als einer der Favoriten im Oscar-Rennen zu gelten.

 

The Huntsman & The Ice Queen | Kritik / Review

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Erinnert ihr euch noch an Snow White and the Huntsman aus dem Jahr 2012? Der Film, der so schlecht war, dass man ihn inhaltlich ganz schnell vergessen hat, aber durch Kristen Stewarts Tächtlemechtel mit Regisseur Rupert Sanders, das zum Ende ihrer Beziehung zu Twilight-Co-Star Robert Pattinson führte, doch länger in den Medien verweilte als verdient. Jetzt hat man sich dafür entschieden die Skandalnudeln nicht wieder zu involvieren und fokussiert sich eher auf Chris Hemsworth (Marvel’s The Avengers 2), der schon im ersten Teil den titelgebenden Huntsman verkörperte. An seiner Seite sind Regisseur Cedric Nicolas-Troyan, Nick Frost und die Hollywood-Schönheiten Emily Blunt (Sicario), Charlize Theron (Mad Max: Fury Road) und Jessica Chastain (Interstellar).

Storyanriss:

Lange vor ihrer schicksalhaften Schlacht gegen Snow White regiert die böse Königin Ravenna (Charlize Theron) gemeinsam mit ihrer Schwester Freya (Emily Blunt) ihr Reich. Doch dann wird Eiskönigin Freya durch einen bitteren Verrat das Herz gebrochen und sie flieht aus ihrer Heimat in einen winterlichen Palast, in dem sie einsam ihr Dasein fristet und ein Heer aus kriegerischen Huntsmen um sich schart. Unter den ihr treu ergebenen Kämpfern sind auch Eric (Chris Hemsworth) und Sara (Jessica Chastain), die jedoch gegen Freyas oberstes Gebot verstoßen, als sie sich ineinander verlieben: Niemand in ihrem Reich darf Liebe empfinden! Die Eiskönigin schickt das Liebespaar in die Verbannung. Als Eric und Sara Jahre später zu Ohren kommt, dass Ravenna in einem magischen Spiegel gefangen und von Freya befreit wurde, werden ihre schlimmsten Befürchtungen wahr: Das Schwesternpaar will nun gemeinsam das gesamte Land unterjochen. Doch da haben die Königinnen ihre Rechnung ohne die verbannten Huntsmen gemacht.

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Die Menschen haben vergessen, was es heißt Angst zu haben. Wir werden es ihnen wieder lehren.

Fazit:

Wie erhofft bot der Film viele Schauwerte, womit ich ausnahmsweise mal nicht den Cast mit dem wohl gewaltigsten Beauty-Overload der jüngsten Vergangenheit meine. Das Make-up und die Kostüme waren sehr gelungen und hier und da ließ der Film auch durchblicken, dass das Potential für fantastische Kreaturen und Landschaften eigentlich vorhanden wäre, es aber nur minimal einsetzt.

Die visuellen Effekte empfand ich als in Ordnung und auch die Kämpfe, die zwar komplexer und besser hätten sein können, reichten letztlich aber für mich. Wenn die Kamera nicht andauernd wackeln würde und die Szenen durch diese schnellen Schnitte so viel an Übersicht einbüßen würden, wäre hier eine deutlich bessere Bewertung möglich gewesen.

Kommen wir zur Geschichte: Schonkost. Alles schon gesehen und gehabt ohne Risiken. Vieles kommt genauso wie man es erahnt und somit gibt es nur wenig Überraschungen und man kann die einzelnen Punkte des Plots und ihre Szenen Stück für Stück auf der Checkliste abhaken. Die Eigenschaften und Handlungen der alten und neuen Charaktere sind da inbegriffen. Schauspielerisch können die Darsteller in einem solchen Film selten wirklich brillieren, weil die Geschichten dünn und die Dialoge zu simpel sind – Huntsman bildet da keine Ausnahme.

Die stärksten Momente kommen wie im Vorgänger von Charlize Theron als bitterböse Hexenkönigin Ravenna, der Rest war unterfordert. Alles in Allem gefiel mir The Huntsman besser als Snow White and the Huntsman – was zugegebenermaßen keine sonderlich schwierige Aufgabe war. Ich würde zwar nicht direkt zu einem Kinobesuch raten, jedoch kann man sich den schon bei Lust und Laune in einem halben Jahr auf Blu-ray geben.

bewertungsskalafinal2,5

Der Marsianer – Rettet Mark Watney | Kritik / Review (Oscars 2016)

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Es geht wieder ins Weltall! Nach den phänomenalen Erfolgen von Gravity (Kritik hier) und Interstellar (Kritik hier) nimmt uns dieses Jahr zunächst Altmeister Ridley Scott mit zum Mars, bis es im Dezember endlich wieder in eine weit weit entfernte Galaxie geht. Scott konnte mich in den letzten Jahren ehrlich gesagt nicht mehr so überzeugen, denn mehr als Mittelmaß waren Exodus: Götter und Krieger (Kritik hier), The Counselor, Prometheus und Robin Hood eher nicht. Für Der Marsianer – Rettet Mark Watney bedient sich Ridley Scott nun beim Weltbestseller des Autors Andy Weir. Die Hauptrolle übernimmt Matt Damon (Departed), während in weiteren Rollen unter anderem Jessica Chastain (Interstellar), Kristien Wiig (Brautalarm), Jeff Daniels (Dumm & Dümmehr 2 – Kritik hier), Michael Pena (Herz aus Stahl – Kritik hier), Sean Bean (Game of Thrones), Kate Mara (House of Cards), Chiwetel Ejiofor (12 Years a Slave – Kritik hier), Aksel Hennie (Headhunters), Benedict Wong (Prometheus), Machenzie Davis (Für immer Single? – Kritik hier), Sebastian Stan (Captain America 2 – Kritik hier) und Donald Glover (Community) zu sehen sind.

Storyanriss:

Die NASA treibt mit der „Ares 3“-Mission die Erforschung des Mars voran. Die Astronauten Mark Watney (Matt Damon), Commander Lewis (Jessica Chastain), Rick Martinez (Michael Peña), Chris Beck (Sebastian Stan), Alex Vogel (Aksel Hennie) und Beth Johanssen (Kate Mara) sind auf dem roten Planeten gelandet, inklusive eines Fahrzeugs und eines Habitats, in dem die Forscher leben und Nahrung herstellen können. Doch ein Sandsturm droht die mitgebrachte Technik samt ihrer Einwohner hinwegzufegen, so dass Commander Lewis den Befehl zum sofortigen Aufbruch gibt. Weil ihn seine Crew für tot hält, bleibt der Botaniker Mark Watney auf dem unwirtlichen fremden Planeten zurück. Vorerst ohne Möglichkeit zur Kommunikation und mit beschädigter Ausrüstung versucht er, die wenigen ihm zur Verfügung stehenden Mittel so einfallsreich wie möglich zu nutzen. Und tatsächlich gelingt es Watney, der Erde zu signalisieren, dass er noch lebt. Die NASA unter Direktor Sanders (Jeff Daniels) beginnt, die Rettung des „Marsianers“ zu planen. Parallel dazu startet Watneys Crew eine eigene, riskante Mission, ihn heimzuholen.

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Mein Name ist Mark Watney und ich lebe noch – offensichtlich.

Fazit:

Meine Freunde und mich hat der Kinobesuch ziemlich geflasht zurückgelassen. Denn die Verflimung des Weltbestsellers war verdammt gut und ehrlich gesagt habe ich auch jetzt, 2 Tage danach, keine wirkliche Kritik am Film. Er war trotz seiner Überlänge von 144 Minuten plus Pause zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise langweilig, hatte ein gutes Tempo und einen großen Unterhaltungswert. Das lag mit unter oder vor allem am grandiosen Humor, den ich vorab gar nicht so präsent und stark erwartet hätte. Wenn man sich thematisch und handwerklich ähnliche Vertreter wie Gravity oder 127 Hours nimmt, dann sucht man sowas wie (Galgen-)Humor vergeblich. Das ist bei den besagten Filmen nicht schlimm, weil sie auch ohne den Witz sehr stimmig und überzeugend sind, aber hebt Der Marsianer dann letztlich doch von der Konkurrenz ab. Optisch gibt es auch nichts zu bemängeln, ob nun bei der kargen Einöde des Mars‘ oder den tollen Aufnahmen aus dem All.

Der Cast ist natürlich hochkarätig besetzt und macht seine Sache gut, aber selbstverständlich sind sie nur Beiwerk für einen Mann: Matt Damon. Matt Damon, der kurioser Weise vor einem Jahr noch bei Interstellar eine ähnliche Rolle verkörperte, die gleichzeitig die Schwachstelle im Nolan-Film war, überzeugt jetzt auf ganzer Linie. Facettenreich kann er als Weltraum-Robinson-Crusoe die Geschichte über die gesamten 144 Minuten tragen und auch hier werde ich den Vergleich zu Gravity und 127 Hours anstellen und denke, dass Matt Damon gute Chancen auf eine Oscar-Nominierung haben wird, so wie Sandra Bullock und James Franco vor einigen Jahren, denn bis zu diesem Zeitpunkt ist die Konkurrenz noch sehr überschaubar. (edit: und wie sich herausstellt sollte ich recht behalten)

Wenn ich ein wenig knauserig sein will, um dann doch noch einen Kritikpunkt zu finden, wäre es vielleicht der „Ironman“-Part zum Ende des Films, der eventuell doch ein wenig too much war für mich. Ich gehe in meiner Kritik aus spoilertechnischen Gründen natürlich nicht näher darauf ein, aber ihr werdet wissen was ich meine, wenn ihr Der Marsianer gesehen habt, doch auch diese Kleinigkeit schmälert die Gesamtqualität nicht. Für mich hat Ridley Scott nicht nur nach langer Zeit mal wieder einen guten Film für seine Filmographie abgeliefert, sondern auch einen der aktuell besten Streifen des Jahres.

bewertungsskalafinal4,0

Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis | Kritik / Review

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Wir nähern uns langsam aber sicher dem Ende des Kalenderjahres und verschwenden den ein oder anderen Gedanken bereits mit der Weihnachtsplanung. Doch für Filmfreunde dürfte anhand der letzten Wochen schon eine Art vorweihnachtliche Bescherung eingesetzt haben, denn auch wenn bis zu den Oscars noch ein paar Monate verbleiben, befinden wir uns dennoch schon in der heißen Phase der Oscarvorbereitung. Da üblicherweise die heißesten Anwärter auf den Goldjungen möglichst gut im Gedächtnis bleiben sollen, liegt es nahe sie nicht bereits im März auf den Markt zu schmeißen, sondern eher zum Ende des Jahres. Dementsprechend konnten wir uns in den letzten Wochen schon über Gone Girl (Kritik – hier), Der Richter (Kritik – hier) oder auch Interstellar (Kritik – hier) freuen, die sich erste Hoffnungen auf eine Nominierung machen dürfen. Mit Nightcrawler startet ebenfalls diese Woche ein Film, dessen Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal auch nachgesagt wird, Chancen auf eine Nominierung zu haben. Ob Jake Gyllenhaal (Enemy) und Regisseur Dan Gilroy (Writer: Das Bourne Vermächtnis) den Vorschusslorbeeren gerecht werden konnten, habe ich gestern für euch in Erfahrung gebracht.

Storyanriss:

Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) hat seine ganz eigene Vorstellung vom American Dream – er ist überzeugt, dass die guten Dinge nur zu denen kommen, die sich ehrgeizig den Arsch abrackern. Seinem Motto nach kann man nur die Lotterie gewinnen, wenn man Geld für einen Lottoschein hat. Doch bei Lou will es mit dem Traumjob nicht so richtig klappen, weswegen er sich als Gauner mit kleinen Diebstählen über Wasser hält. Nach einer intensiven erfolglosen Jobsuche ist er so verzweifelt, dass er, bewaffnet mit einer Kamera, als freier Mitarbeiter Bilder von Unfällen, Verbrechen, Mord an einen lokalen TV-Sender verkauft. Nachdem seine Beiträge als Kameramann bei der Chefredakteurin Nina (Rene Russo) gut ankommen, stürzt er sich immer weiter in die Unterwelt von L.A. auf der Suche nach sensationellem und schonungslosem Bildmaterial, bei dem niemand wegsehen kann. Chaos und menschliches Leid werden in dem halsabschneiderischen Blut-und-Tränen-Business des „Nightcrawling“ in bare Münze umgerechnet. Angetrieben von einem verzweifelten Drang nach Anerkennung und Erfolg steigt Lou mit immer zwielichtigeren Methoden weiter in den Abgrund – und droht bald selbst als pikante Schlagzeile zu enden.

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Wenn man im Lotto gewinnen will, braucht man die Kohle für einen Lottoschein.

Fazit:

Geil! Nightcrawler darf und muss man einfach als geniale und zynische Mediensatire sehen, die mit einem überragenden Jake Gyllenhaal ein Ass im Ärmel hat, das so vorher wohl kaum jemand erwartet hätte. Lou Bloom ist nach langer Zeit mal wieder ein krasser Antiheld, der sich ohne Probleme mit Vincent (Tom Cruise, Collateral) oder Travis Bickle (Robert De Niro, Taxi Driver) messen kann. Jake Gyllenhall verkörpert eine ganz besondere Art des Amerikanischen Traums und ist in so vielen Szenen ein Sinnbild für eine schwungvoll ausgeführte Respektschelle in das Gesicht der Medienwelt. Nightcrawler ist eine düstere, spannende und bitterböse One-Man-Show, die mich definitiv überzeugen konnte. Klare Empfehlung von mir.

  • Film: 4/5
  • Kinoerlebnis: Aufwertung um +0,5
  • Empfehlung: Wenn euch „Drive“ gefallen hat, geht ins Kino und gebt diesem ungewöhnlichen Film eine Chance.