The Father | Kritik / Review (Oscars 2021)

Storyanriss:

Der unabhängige Anthony (Anthony Hopkins) lehnt auch im Alter und zunehmend von Demenz geplagt jegliche Hilfe von seiner Tochter Anne (Olivia Colman) ab. Diese Hilfe wird aber unabdingbar, als Anne beschließt, mit ihrem Mann Paul (Rufus Sewell) nach Paris zu ziehen, und Anthony somit allein in der Wohnung zurückbleiben müsste, in der Anne und Paul mit ihm leben. Dass das nicht funktionieren wird, wird schon daran deutlich, dass Anthony immer wieder sehr durcheinanderkommt. Die Pflegerin Laura (Imogen Poots) soll Anthony helfen, doch auch wenn er sich anfangs charmant gibt: Er hat bereits zuvor andere Pflegerinnen mit seinen Stimmungsschwankungen vergrault.

Fazit:

Ich hätte nie gedacht, dass bei einem Film mit dieser Thematik einmal zu sagen, aber: was für ein Mindfuck. Das was der französische Regisseur Florian Zeller in seinem Regiedebüt und aus seinem bereits erfolgreichen Theaterstück The Father hier auf die Leinwand zaubert, ist ein Mindfuck. Er verlangt mit seiner besonderen Inszenierung dem Zuschauer einiges ab, aber hebt damit The Father auch von anderen Filmen, die das Thema Demenz behandeln wie Still Alice, ab.

Ähnlich wie es Sound of Metal mit der Wahrnehmung der Geräusche machte und dich als Zuschauer teilnehmen lassen hat, wie jemand der sein Gehör zu verlieren scheint seine Umgebung wahrnimmt, so geht Florian Zeller das Thema Demenz an. Der Film wird quasi aus der Perspektive von Anthony Hopkins erzählt, dessen Alltag immer mehr von seiner Demenz geprägt wird und zwischen klaren Momenten auch stetig wachsende Verwirrung erlebt sowie Zeitlinien, Namen, Ereignisse und Personen durcheinanderbringt. Während für ihn alles logisch erscheint und die Probleme bei seinen Mitmenschen liegen müssen, bekommen wir als Zuschauer am eigenen Leib zu spüren, wie in etwa es sein muss für einen Demenzkranken und kommen selbst durcheinander.

Glücklicherweise hatte ich privat noch mit keiner Person zu tun, die an Demenz litt, aber dennoch hat mich dieses Thema und dieser Film mitunter sehr berührt und das Leid für alle Beteiligten aufgezeigt. Ich denke, wenn man im eigenen Leben mit einer dementen Person zu tun hatte, wird The Father besonders betroffen machen. Diese klaren Momente auf der einen Seite, wo Anthony aufzeigt wie charmant er sein kann und dann auf der anderen Seite die krassen Gemütsschwankungen, die ihn zum absolut unausstehlichen Arschloch machen, das keine Gefangenen macht.

Diese Ambivalenz, diese Verletzlichkeit, all diese Nuancen in der Performance meistert Anthony Hopkins überragend. Mit Olivia Colman bekommt Hopkins nicht nur eine Schauspielerin an die Seite, die selbst vor zwei Jahren einen Oscar (The Favourite) gewann, sondern auch ebenbürtig aufspielt und Hopkins mit seinen 83 Jahren wirklich alles abverlangt. Allein die letzten Szenen des Films sind einfach so wahnsinnig gut und so vielseitig, wenn man dann noch die vorangegangenen 80 Minuten betrachtet, bleibt mir nichts anderes übrig als die Daumen für Hopkins zu drücken bei der Preisverleihung – auch wenn er nicht der Favorit ist.

Soll er nach 30 Jahren (Das Schweigen der Lämmer) und zahlreichen – zuletzt für The Two Popes im letzten Jahr – Nominierungen doch bitte nochmal mit dem Oscar ausgezeichnet werden. Florian Zellers The Father ist ein aufwühlendes Kammerspiel mit herausragenden schauspielerischen Leistungen und einer famosen Inszenierung. Für 6 Oscars nominiert, denke ich vor allem, dass Hopkins große Chancen haben wird in der Nacht zum Montag.

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