Drive my Car | Kritik / Review (Oscars 2022)

Storyanriss:

Der Schauspieler und Theaterregisseur Yusuke Kafuku (Hidetoshi Nishijima) hat vor zwei Jahren seine Ehefrau Oto (Reika Kirishima) verloren. Obwohl er diesen persönlichen Schicksalsschlag noch nicht gänzlich verarbeitet hat, erklärt er sich bereit, bei einem Festival in Hiroshima das Tschechow-Stück Onkel Wanja in Szene zu setzen. Dort trifft Kafuku auf Misaki (Toko Miura), die ihm als Fahrerin zugewiesen wird. Die zurückhaltende junge Frau chauffiert den Künstler fortan in seinem roten Saab 900 zur Arbeit und wieder zurück. Auf ihren gemeinsamen Fahrten beginnen die Beiden ganz zögerlich, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und öffnen sich einander, um von ihrer beider Leben zu berichten.

Fazit:

180 Minuten japanisches Drama. 3 Stunden Film in dem nicht sonderlich viel passiert und dennoch fällt es mir unglaublich schwer, dieses fantastische Werk des japanischen Regisseurs Ryusuke Hamaguchi, der erst vor wenigen Monaten für Wheel of Fortune and Fantasy den Jury-Preis der Berlinale bekommen hat, in Worte zu fassen.

Während ich mich bei The Power of the Dog gelangweilt habe, konnte sich Drive my Car sogar einen 40 Minuten Prolog vor der eigentlichen Geschichte leisten, ohne mich auch nur ansatzweise anzuöden.

Virtuos inszeniert und behutsam beobachtet, verwebt Ryusuke Themen wie Liebe, Tod, Trauer, Sex, Betrug, Ehrlichkeit, Oberflächlichkeiten, Innigkeit, Gewohnheit, Schicksalsschläge, Verlust geliebter Menschen, Vergebung für sich und andere, Loslassen, emotionale Last von der Seele reden, Zuhören, Schuldgefühle, Dankbarkeit, Schweigen und tiefste Verbundenheit miteinander.

Präzise, zurückhaltend und pointiert setzt Ryusuke hier die Kamera, seine starken Schauspieler und den Soundtrack ein, um den Zuschauer auf fast poetische Art emotional zu berühren.

Hierbei beantwortet er nicht zwangsläufig alle aufkommenden Fragen, lässt Vieles im Ungefähren – so wie es auch seine Hauptfiguren mussten, darf auch der Zuschauer damit umgehen lernen, nicht immer für alles eine Auflösung zu erhalten – ein Stück echtes Leben halt.

Drive my Car ist sicherlich kein Film, den man universell für jeden Filmabend vorschlagen kann, aber wer sich von den vermeintlichen 3 Stunden Road Trip im Saab 900 des Protagonisten nicht sofort abschrecken lässt, wird ihn eventuell als ähnlich fesselnd wie ich empfinden.

Da ich nicht davon ausgehe, dass der Großteil der Academy sich die Zeit für ein dreistündiges japanisches Drama genommen hat, wird Drive my Car als aussichtsreicher Außenseiter ins Rennen um die Oscars gehen.