Maestro | Kritik / Review (Oscars 2024)

Storyanriss:

Der 28-jährige Jungkomponist Leonard Bernstein (Bradley Cooper) lernt Felicia Montealegre (Carey Mulligan) auf einer Party kennen. Die grazile und interessante Frau verzaubert fortan sein Leben. Monat für Monat wächst die Zuneigung zueinander, doch eigentlich trägt Bernstein ein tiefes Geheimnis mit sich herum. Erst nachdem beide geheiratet haben, kommt Felicia dahinter, dass ihr Ehemann homosexuell ist und diese Sehnsüchte heimlich auslebt. Um ihren Mann, der inzwischen als einer der größten Komponisten und Dirigenten aller Zeiten gilt, aber auch die drei Kinder nicht zu belasten, behält sie das Geheimnis für sich. Die einsamen Nächte und die Vertiefung ihres Mannes in die Musik verlangt ihr jedoch alles ab. Ihre Beziehung, in der bald schon beide außerehelichen Affären haben, wird dadurch immer wieder auf die Probe gestellt, bis Felicia, aber auch Leonard nach und nach daran zugrunde gehen.

Fazit:

Maestro ist ein langersehntes Biopic über den legendären Dirigenten Leonard Bernstein, der unter anderem für das Musical West Side Story verantwortlich ist. Kein Wunder also, dass ursprünglich Steven Spielberg das Projekt leiten wollte, wo er doch gerade erst das Remake des Musicals inszenierte. Nachdem Spielberg Bradley Coopers Regiedebüt „A Star Is Born“ gesehen hatte und beeindruckt war, überließ er die Regie Cooper selbst. Der Netflix-Film konzentriert sich auf die verschiedenen Stationen in Bernsteins Leben, wobei seine Frau Felicia als eigentliche Attraktion herausragt, vor allem durch die starke Leistung von Carey Mulligan.

Die Inszenierung des Films ist gewohnt kompetent und beeindruckt zuweilen mit visuellen und auditiven Effekten, die die verschiedenen Epochen im Leben des Paares gut einfangen. Trotzdem leidet der Film unter einigen Längen, vor allem im Mittelteil, die fast allein durch Mulligans herausragende Leistung ausgeglichen werden und den Film am Leben erhalten. Inhaltlich fokussierte sich Maestro meiner Meinung nach zu wenig auf Bernsteins Werk und Schaffen und viel zu viel auf seine homosexuellen Neigungen und Affären. Ich hätte gerne mehr über seine Kunst erfahren. Insgesamt ist Maestro zwar ein solides Biopic mit einer herausragenden Performance von Mulligan, aber alles in allem recht enttäuschend. Kein Film unter den Nominierten der Kategorie „Bester Film“ hat mich so kalt gelassen, obwohl ich mich echt drauf freute. Ein Tár, der durchaus die ein oder andere Parallele aufweist, war letztes Jahr besser.

Für die Oscars Sonntagnacht sehe ich trotz 7 Nominierung, unter anderem in den wichtigsten Kategorien des Abends, kaum ernsthafte Chancen. Der Film hat eigentlich 0 Buzz als dass er auf den letzten Metern für einen Überraschungssieg sorgen könnte. Bestes Make-Up und beste Frisuren könnte noch am ehesten gewonnen werden.

Barbie | Kritik / Review (Oscars 2024)

Storyanriss:

In Barbieland ist alles an seinem Platz. Die Frisur sitzt, die Kleidung und jedes Accessoire passen zueinander. Es ist eine perfekte Welt, zumindest äußerlich. Wer hier leben will, muss sich nämlich ausnahmslos an die aufgestellten Normen halten. So auch die stereotypische Barbie (Margot Robbie), eine der einflussreichsten Barbies im Land, die vom platinblonden Schönling Ken (Ryan Gosling) angehimmelt wird. Doch irgendetwas stimmt in letzter Zeit nicht, denn Barbie beschleichen immer wieder Gedanken an den Tod. Ein absolutes No-Go im Barbieland, wo jeder Tag doch einfach nur perfekt sein sollte. Ihre einzige Hoffnung ist der Aufbruch in die reale Welt, wo Barbie und Ken kaum angekommen, feststellen müssen, dass dort andere Regeln als im Barbieland gelten.

Fazit:

Barbie – nicht nur Greta Gerwigs erfolgreichster Film, es war der erfolgreichste Film 2023 und hat zusammen mit Oppenheimer das Phänomen des Jahres „Barbenheimer“ geschaffen, das für viel Buzz in den Sozialen Netzwerken sorgte und letztlich dem Kino sehr gut tat. Beide Filme waren finanziell nicht nur sehr erfolgreich, sondern haben das Publikum auch jeder auf seine Weise inhaltlich berührt. Für mich persönlich ist Barbie ein schwieriger Fall, denn ich liebe zwar das Talent, das da vor und hinter der Kamera steht. Gosling und Robbie sind perfekt gewählt für ihre Rollen, das Autoren/Regisseur-Pärchen Greta Gerwig und Noah Baumbach sind top Schreiber und Regisseure. Auch die vielen gebauten Sets und die Ausstattung sind ein Pluspunkt. Doch letztendlich hat mich Barbie kalt gelassen.

Hier und da ein paar Lacher und die ein oder andere smarte, kreative Idee sind gut, aber am Ende fühlt sich dennoch alles zu flach an. Die feministische Botschaft wird völlig on the nose, bevormundend und wenig filigran mit dem Vorschlaghammer eingebläut, so dass auch der letzte Hinterwälder-Redneck in der hintersten Reihe es rafft. America Ferreras Monolog – für den Sie nun auch für den Oscar nominiert wurde – ist da echt die Spitze der nicht vorhandenen Subtilität. Und vor allem wirkt Barbie trotz einiger kleiner Seitenhiebe wie ein Werbevideo und Image-Washing für Mattel, die doch gerade erst jahrzehntelang Geld mit Barbie verdient haben, die nicht gerade das gesundeste Frauenbild propagierte. Mittlerweile wird natürlich auch deutlich mehr die Vielfalt und die „Frauen-können-auch-Astronautin-oder-Präsidentin-sein-statt-nur-Blondchen“-Attitüde gelebt und natürlich entwickeln sich auch Firmen weiter, aber ein fader Beigeschmack bleibt da für mich trotzdem.

Letztlich kann man Barbie mal für eine kurzweilige Berieselung gutheißen, um Themen wie Feminismus, Selbstwahrnehmung, Akzeptanz und die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu behandeln, greife ich dann doch auf andere Filme zurück. Vielleicht ja den unausweichlichen zweiten Teil.

Zu einer Barbie passt sicherlich auch der Goldjunge Oscar. Acht Möglichkeiten bieten sich dem Team rund um Greta Gerwig und Margo Robbie – auch wenn beide selbst nicht für Beste Regie oder Beste Hauptdarstellerin nominiert wurden. Definitiv gewinnen wird man den Besten Song, wo sich gleich zwei Barbie-Songs um die Krone streiten – auch wenn es vermutlich Billie Eilish und ihr Bruder sein werden, die die Trophäe letztlich mitnehmen. Bei den Crafting-Kategorien sehe ich Poor Things vorne und Ryan Gosling mag zwar noch am ehesten die Chance auf einen Upset gegen Robert Downey Jr. haben, aber darauf wetten würde ich nicht.

The Zone of Interest | Kritik / Review (Oscars 2024)

Storyanriss:

Hedwig Höß (Sandra Hüller) heißt ihre Mutter willkommen. Es ist deren erster Besuch in der stuckverzierten Villa, in der Hedwig zusammen mit ihren Kindern und ihrem Mann Rudolf (Christian Friedel) lebt. Die Sonne scheint, der Garten ist gepflegt, die Blumen blühen, der Hund lässt sich von seiner Nase durch das Grün treiben, Gemüse und Kräuter gedeihen, die Sonnenblumen stehen übermannshoch, die Kinder planschen im Wasser. Die Familie Höß scheint in einer Bilderbuchidylle zu leben. Nur abseits der Grundstücksmauern wird klar, dass hier – am Rande des Vernichtungslagers Auschwitz – die Hölle auf Erden ist.

Fazit:

Die Geschichte wird aus der Perspektive der Täter erzählt, wobei die Alltagsroutine der Familie mit den Schrecken des Holocausts kontrastiert wird. Jonathan Glazer verwendet experimentelle Elemente und fokussiert sich auf die Banalität des Bösen, während der Zuschauer gezwungen wird, zwischen dem Alltäglichen und dem Grauen zu jonglieren. Der Film provoziert und hinterfragt die Fähigkeit des Publikums, die Schrecken zu verdrängen, und präsentiert eine eindringliche Darstellung der historischen Ereignisse.

Die scheinbar alltäglichen Gespräche und Aktivitäten der Familie werden mit verstörenden Elementen des Holocaust begleitet. So freut sich Hedwig, dass man sie die „Königin von Ausschwitz“ nennt, während man subtil im Hintergrund die Züge mit „Nachschub“ für das KZ hören kann. Genauso beiläufig fragen sich Hedwig und ihre Mutter, ob nicht vielleicht auch die alte Bekannte, für die man früher noch gearbeitet hat, nicht eventuell jetzt auf der anderen Seite der Mauer stünde, bis man sich wieder im nächsten Augenblick Hedwigs Aufstieg in der Gesellschaft und ihrem Blumenbeet widmet.

Glazer zeigt den Schrecken des KZs durch subtile Klänge und visuelle Hinweise, während die Familie versucht, ein normales Leben zu führen. Durch diese Darstellung der „Banalität des Bösen“ provoziert Glazer das Publikum, sich mit dem omnipräsenten Schrecken auseinanderzusetzen. Da ist dann halt mal für den Kommandanten des Konzentrationslagers Rudolf Höß die wichtigste Frage des Tages wie man die Büsche im Camp pflegen muss, damit sie „allen“ Freude bringen. Brutal ist auch wie er am Telefon seiner Frau gesteht, dass er die Nazi-Feierlichkeiten und die Party gar nicht um sich herum genießen konnte, weil er so eingenommen war von der Frage wie man die neue Welle an ungarischen Juden überhaupt am effektivsten umbringt oder welchen Ofen man für das Krematorium benötigt.

The Zone Of Interest“ ist ein intensiver und schockierender Film, der die Grausamkeit des Holocaust auf eindringliche Weise zeigt ohne wirklich viel zu zeigen. Darüber hinaus stellt er vielleicht den interessantesten Tipp des Abends dar, denn er ist zwar „nur“ für 5 Oscars nominiert, aber könnte am Ende – wenn die Sterne richtig stehen – für Überraschungen sorgen.

Preise in der Kategorie „Bester Ton“ und vor allem „Bester internationaler Film“ gelten als fast sicher. Gerade der Sieg in der letzteren Kategorie wird aber auch häufig als „Trostpreis“ für das internationale Kino gesehen, damit dann in der wichtigsten Kategorie „Bester Film“ doch ein Hollywood-Film siegen kann. Und auch wenn Oppenheimer vermutlich seiner Favoritenrolle gerecht werden wird, sollte man die Augen offen halten für einen Upset.