Die dunkelste Stunde | Kritik / Review (Oscars 2018)

 (Trailer)

Die Academy liebt Filme mit wahren Geschichten. Joe Wrights (Abbitte) Die dunkelste Stunde ist da keine Ausnahme. Das Drama rund um Churchill ist keineswegs ein Biopic, welches das gesamte Leben dieses Politikers abdeckt, sondern viel mehr den Fokus auf die schwierigste Phase und sogenannte dunkelste Stunde seiner Karriere zur Zeit des 2. Weltkriegs. Für die Hauptrolle konnte man Gary Oldman (Leon – Der Profi) verpflichten, der mit seiner zweiten Oscar-Nominierung nach Dame, König, As, Spion und seiner Transformation zu Winston Churchill zu den absoluten Favoriten 2018 gehört – auch um sein Lebenswerk zu ehren.

Storyanriss:

Erst wenige Tage im Amt, steht der neue britische Premierminister als Nachfolger von Neville Chamberlain (Ronald Pickup) 1940 vor einer Mammutaufgabe. Die gegnerische Streitmacht stürmt West-Europa, die Niederlage gegen Nazi-Deutschland ist beinahe schon besiegelt – also steht Winston Churchill (Gary Oldman) unter Druck, einen Frieden mit Adolf Hitler zu verhandeln, der Großbritannien zu einer Marionette des Dritten Reiches machen würde. Während die britische Armee in Dünkirchen strandet, beweist Churchill Courage und kämpft weiter. In seiner wohl dunkelsten Stunde als Premier muss er den baldigen Einmarsch der Nazis verhindern, sich gegenüber seiner eigenen Partei und dem skeptischen König George VI. (Ben Mendelsohn) durchsetzen und seine Nation vereinen.

Those flaws are integral to the man and to his achievements, and that’s what I find really interesting—the idea that our flaws and our virtues are kind of the same thing. – Regisseur Joe Wright

Fazit zu „Die dunkelste Stunde“:

Für mich persönlich vielleicht die größte Überraschung unter den Nominierten, vermutlich weil ich vorab fast am Wenigsten davon erwartet habe. Ich dachte, es würde sich bei diesem Film um ein reines Vehicle für Gary Oldmans Karrieren-Oscar handeln und ja, darauf liegt schon der Fokus und ja, er wird ihn vermutlich verdient gewinnen dieses Jahr, aber mich hat auch Die dunkelste Stunde als Gesamtprojekt sehr gut gefallen.

Gary Oldman und Kristin Scott Thomas in Die dunkelste Stunde / Darkest Hour

Im Vergleich zu Die Verlegerin empfand ich ihn weder als langweilig noch als zu lang. Churchill war ein interessanter Mann und diese Situation im zweiten Weltkrieg war dann doch ziemlich spannend. Neben den tollen darstellerischen Leistungen – natürlich allen voran Gary Oldman – haben mir die Beziehung zu seiner Frau (Kristin Scott Thomas) und dem Rest seiner Familie sowie zu seiner Assistentin (Lily James) gefallen. Diese haben uns als Zuschauer dann auch den privaten, verletzlichen und von Selbstzweifeln geplagten Churchill gezeigt, den er gegenüber dem Volke und seiner politischen Konkurrenz nicht zeigen durfte.

Hier gab es so einige Szenen – gerade auch im Zusammenhang mit Dunkirk – die mich emotional an die Figuren und den Film gebunden haben. Auch verrückt, dass es aus dem Nichts zwei Filme in einem Jahr gibt über Dunkirk/Dünkirchen und beide für den Besten Film des Jahres nominiert sind.

Im Zusammenhang mit diesem Film muss man auch die grandiose Leistung des Make-Up Departments loben. Gary Oldman hat seine Zusage für Die dunkelste Stunde davon abhängig gemacht, ob Make-Up Legende Kazuhiro Tsuji (Der seltsame Fall des Benjamin Button) für ihn aus dem Ruhestand zurückkommt, weil dieser laut Oldman der einzige ist, der seine Transformation glaubwürdig machen kann. Zum Glück hat das geklappt und hat so unglaublich zur Immersion beigetragen. Die dunkelste Stunde hat mich definitiv abgeholt und positiv überrascht – toll!

 

Selma | Kritik / Review (Oscars 2015)

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#WhiteOscars! Achnee, ist ja nur Quatsch, der mal wieder einen Shitstorm über die Welt gebracht hat. Laut und kritisch waren die Schreie nachdem Selma nur für zwei Oscars nominiert wurde: einmal für den kämpferischen Song „Glory“ und dann noch für den wichtigsten Preis überhaupt, die Auszeichnung als „Bester Film“ des Jahres. Besonders der Umstand, dass es die Filmemacherin Ava DuVernays (Middle of Nowhere) selber (sie wäre die erste schwarze Regisseurin gewesen) und Hauptdarsteller David Oyelowo (Der letzte König von Schottland) nicht in die Endauswahl geschafft haben, wurde zum Anlass genommen um Hollywood Rassismus zu unterstellen. Ob und inwiefern die Kritik gerechtfertigt ist, erfahrt ihr in meinem Fazit.

Storyanriss:

Der Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. (David Oyelowo) hat gerade den Friedensnobelpreis 1964 erhalten. Doch sein Einsatz für die Gleichberechtigung der Schwarzen geht weiter. Er spricht bei US-Präsident Lyndon B. Johnson (Tom Wilkinson) vor, um eine Reform des Wahlrechts zu erreichen, denn immer noch sind viele Schwarze faktisch von den Wahlen ausgeschlossen. Johnson bittet um Geduld, da es höhere Prioritäten auf seiner Agenda gebe. Und George Wallace (Tim Roth), Gouverneur von Alabama, will gar alle Bemühungen von King und seinen Anhängern sabotieren. Diese beschließen ihre Aktionen auf ebendiesen Bundesstaat zu konzentrieren. Als in der Stadt Selma am 17. Februar 1965 ein Schwarzer von der Polizei niedergeschossen wird und anschließend seinen Verletzungen erliegt, explodiert der Unmut. King organisiert einen Protestmarsch von Selma in die Hauptstadt Montgomery. Aber die friedlich Demonstrierenden kommen nur bis zur Stadtgrenze: Am Ende einer Brücke wartet ein riesiges Polizeiaufgebot mit Knüppeln und Tränengas auf sie.

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We are not asking, we are demanding.

Fazit:

Selma ist für mich ein eher mäßiges Biopic, das zwar nicht so trocken ist, wie ich es im Vorfeld erwartet habe, aber dennoch oft recht dröge daher kommt. Das Historien-Drama behandelt nicht die berühmte „I have a Dream„-Rede oder seinen Tod, sondern legt den Fokus rein auf die Protestmärsche von Selma nach Montgomery und den Kampf ums Wahlrecht. Auch wenn man kein Experte in der amerikanischen Geschichte sein muss, denke ich, dass Selma durchaus ein wenig entsprechendes Wissen voraussetzt um alles im Detail zu verstehen.

Klar, Martin Luther King ist der Aufhänger des Films und die schillerndste Figur, dennoch steht er – positiv für mich – nicht in jeder Szene im Mittelpunkt. Der Film lebt gerade auch von den vielen Nebendarstellern aus der 2. Reihe und den Einblicken hinter die Kulissen. Häufig ist man Teil der Diskussionen der Protestbewegung oder der Politiker. Was mir auch gefiel, war, dass man King nicht zu sehr glorifizierte, sondern hier und da auch mal leicht das Saubermann-Image ankratzte, dennoch blieb über den gesamten Film gesehen Martin Luther King charakterlich ziemlich blass. Ebenso wie die eigentlich dramatischen Momente innerhalb der Geschichte, die zwar mit einem pathetischen Soundtrack untermalt wurden und mit ihrer Inszenierung typisches Oscar-bait-Material darstellten, aber mich emotional so gar nicht packten.

Selma wird alleine von seiner brisanten Thematik rund um das Thema Rassismus und Gleichberechtigung getragen und bekommt durch die aktuellen Ereignisse in Ferguson nochmal einen gewissen Drive. Als besten Film des Jahres sehe ich Selma aber beim besten Willen nicht. Und auch die eingangs erwähnten Nichtnominierungen in anderen Kategorien kann ich durchaus nachvollziehen, weil ich weder David Oyelowos Leistung herausragend fand, noch die Regiearbeit an sich – bevor man die Rassismuskeule schwingt, sollte man sich halt auch erstmal den Film ansehen. Für mich hätte es Selma nicht mal in die Liste der Top8 Filme geschafft und da könnte man auch die These aufstellen, dass er nur nominiert wurde um der Political Correctness gerecht zu werden. Zusammengefasst ist Selma ein besseres Historien-Drama als Biopic, welches zwar ganz okay ist, aber so wenig heraussticht, dass die Erinnerung an Selma schon sehr bald verblassen wird.

  • Film: 3/5
  • Empfehlung: Nicht wirklich.

12 Years a Slave | Kritik / Review (Oscars 2014)

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Heute ist es soweit und wir kommen zum großen Oscarfavoriten, zumindest wenn man von der Anzahl der Nominierungen ausgeht. Denn mit zehn möglichen Oscars, bildet das Sklavendrama von Steve McQueen zusammen mit American Hustle die Speerspitze der 86. Academy Awards in Los Angeles. Und wie wir alle wissen und auch in den letzten Jahren häufig sehen konnten, lieben die Amerikaner vor allem ihre eigene Geschichte, sodass früh anzunehmen war, dass 12 Years a Slave einer der heißesten Kandidaten für den begehrtesten Filmpreis der Welt sein wird. Für sein Schauspielensemble hat sich McQueen nach Hunger und Shame ein drittes Mal für Michael Fassbender entschieden, der zusammen mit Chiwetel Ejiofor (2012), Benedict Cumberbatch (Star Trek: Into Darkness), Lupita Nyong’o und Brad Pitt (Fight Club) für die bewegende Verfilmung zu Solomon Northups Autobiographie aus dem Jahr 1853 vor der Kamera stand.

 

Storyanriss:

Im Jahr 1841 lebt Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) ein erfülltes Leben mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in New York. Gutgläubig nimmt der Geigenspieler ein Arbeitsangebot zweier Künstler an, dass ihn nach Washington führt. Nach einer durchzechten Nacht mit den beiden Männern, findet sich Solomon am nächsten Morgen angekettet in einem Keller wieder und stellt fest, dass er von den beiden Männern in eine Falle gelockt und unter Drogeneinfluss in die Sklaverei verkauft wurde. Im Verlauf seiner Gefangenschaft macht Solomon, jetzt unter dem Namen Platt geführt, die Bekanntschaft mit verschiedenen Sklaventreibern wie William Ford (Benedict Cumberbatch) oder dem sadistische Edwin Epps (Michael Fassbender). Beistand in dieser schwierigen Zeit erfährt Solomon vor allem durch Patsey (Lupita Nyong’o).

What difference is there in the color of the soul? 

Fazit:

2013-Oscars-LogoBewegender Film, welcher der ein oder anderen Dame im Kinosaal dicke Kullertränen die Wange runter laufen ließ. Sehr intensive Folterszenen in Originallänge und gute schauspielerische Darbietungen sorgen dafür, dass der Kloß regelmäßig im Hals stecken bleibt. Sehr lobende Worte kann ich an dieser Stelle für Michael Fassbender aussprechen, der einfach über alle Maßen überzeugend seine Rolle verkörpert hat und für mich hier der herausragende Schauspieler war. Generell waren mir die Figuren aber oftmals zu stark in eine Richtung ausgeprägt, wie beispielsweise Brad Pitts Charakter Samuel Bass und somit auch ein wenig facettenlos. Nichtsdestotrotz war 12 Years a Slave ein starker Film, der sehr große Chancen haben wird den wichtigsten Oscar zu gewinnen, auch wenn er mich persönlich nicht an erster Stelle steht.

  • Film: 4/5
  • Kinoerlebnis: kein Profit
  • Empfehlung: In möglichst kleiner Gruppe ansehen und auf sich wirken lassen und nicht für einen lässigen DVD-Abend mit Freunden verschwenden.